Östliche und Westliche Griesspitze

2747 / 2741 Meter

Mieminger Kette

23. Juni 2018

Autor: Jürgen

 

Beschreibung:

Mit MTB von Obermieming (900m) zum Ende des Forstwegs am Henneberg (1.360m). Durch eine Latschengasse zum Hangfuß, aufwärts durch das steile Wäldchen und den Markierungen folgend durch steile Wiesen und Schrofen bis zum Felsansatz der Schoßköpfe. Querung zur Gr. Schoß und über eine versicherte Steilstufe in das Kar (ca. 1.950m). Aufstieg Richtung Nordwesten zum Schneeferner ("Fisch", ca. 2.400m), und an dessen rechter Begrenzung über eine markante Rippe zur Östlichen Griesspitze (2.747m). Nach Westen über den Grat, einige Zacken südlich umgehend, und zuletzt über zwei Steilstufen zur Westlichen Griesspitze (2.741m). Abstieg durch die Südflanke. Unterhalb des Gipfelaufbaus zwei Möglichkeiten: durch Steilschrofen zurück zum Fisch (die genaue Route kenne ich nicht) oder den Normalweg am Knappensteig nach Westen zum Stöttltörl (2.030m). Über die Stöttlreise bis Pkt. 1.260m, kurzer Gegenanstieg zum MTB und zum Ausgangspunkt. 

 

Schwierigkeitsgrad: sehr schwierig (T6/III-)

Die Tour verläuft über Stunden im teils ausgesetzten und brüchigen Steilgelände. Kletterschwierigkeiten im Aufstieg nicht über II, die ungemeine Steilheit ist aber mental herausfordernd. Achtung auf rutschiges Gras beim markierten Zustieg zur Gr. Schoß. Ab dort kaum Markierungen, gutes Orientierungsvermögen hilfreich, letzte Rippe nicht über I+ je nach Routenwahl. Am Grat von Osten nach Westen schwieriger werdend, teilweise extrem brüchig. Die erste Steilstufe bewerte ich mit III- (dort fester Fels), die obere mit II+. Abstieg von der Westl. Griesspitze T6, teils II, Wegkenntnis von Vorteil. In der letzten brösligen Steilstufe vor dem Stöttltörl einige Versicherungen.   

 

Roman und ich haben die Westl. Griesspitze am Normalweg vor 2 Jahren bestiegen, was mir beim Abstieg sehr entgegengekommen ist. 

 

Dauer: 9 Stunden

Höhenmeter: ca. 2.100 Meter

 

Parkplatz:

Wanderparkplatz Obermieming

 

Einkehrmöglichkeiten:

keine

 

Landschaft:  ********** (10/10)

Kondition:       ********* (9/10)

Anspruch:        ********* (9/10)



Die zentrale Mieminger Kette zwischen Griesspitzen, Mitterspitzen und Hochplattig, aufgenommen vom Gipfel der Westl. Griesspitze. Allesamt keine Wanderberge, die meisten der sichtbaren Gipfel erfahren nur eine Handvoll Begehungen pro Jahr. 

 

Los geht's mit Bike in Obermieming (900m) mit Blick auf die Hohe Munde, die im Gegensatz zum Rest der Mieminger Kette viel Besuch erhält.

 

Eine kleine Topographie für die Griesspitzen: mit Bike zum Henneberg und aufwärts zur Gr. Schoß und zum Schneeferner, ein Gletscherrest, der sich unglaublicherweise an der Südseite auf ca. 2.450m hält und den die Einheimischen aufgrund seiner Form "Fisch" nennen. Von dort auf die Östliche, dann auf die Westl. Griesspitze und über die (hier verdeckte) Stöttlreise zurück.

 

Die Bikeanfahrt zum Ende des Forstwegs am Henneberg ist unspektulär, für diese Tour aber Pflicht, sonst wartet nach der langen Tour ein weiter Retourhatscher. 

 

Das Ganze aus der Nähe betrachtet. Den ursprünglichen Plan, von der Westl. Griesspitze zurück zum "Fisch" abzusteigen, habe ich mangels genauer Routenkenntnis verworfen, in den Gipfelbüchern wird aber mehrfach darauf verwiesen. 

 

Vom Raddepot baut sich die Südflanke wuchtig auf. Eine fast 1.500m hohe Wand, a steile Gschicht! Zuerst zum kleinen Wäldchen, darüber soll's in den Steilschrofen einen markierten Pfad hinauf zur Gr. Schoß geben. Schau mer mal... 

 

Vom Forstweg durch eine Latschengasse mit etwas Höhenverlust zur weit herabziehenden Neualblreise. Rechts oben das Westeck des Hochplattig, auch eine gewaltige Tour in den Miemingern.

 

Blick nach Westen. Rechts oben die Westl. Griesspitze (2.741m), links die im Vergleich geradezu mickrige, aber schöne Wankspitze (2.209m), dazwischen Stöttltörl und Stöttlreise.

  

Auf einem kleinen Pfad steil durch das kleine Wäldchen. 

  

Rote Markierungen leiten aufwärts. 

 

Flachstücke sind von hier bis zum Gipfelgrat Mangelware.

 

Rückblick auf Obermieming und Barwies, dahinter die Kühtaier Berge und rechts die Ötztaler Alpen. 

 

Meist ist der Pfad gut sichtbar, manchmal verliert er sich etwas. Das Gras ist noch feucht, aufgrund der Rutschgefahr lege ich sicherheitshalber meine Spikes an. 

 

Eindrucksvolle Mieminger. 

 

So schraubt man sich im Zick-Zack einige 100 Höhenmeter nach oben. 

 

Geniale Morgenstimmung, mit Respekt vor dem weiteren Tourverlauf geht's Kehre um Kehre hinauf. 

 

Am Felsansatz der Schoßköpfe: links der Abzweig zur Gr. Schoß und die Griesspitzen sowie zur westl. Mitterspitze, rechts führt ein Pfad weiter zur Kl. Schoß und zur mittleren und östlichen Mitterspitze. 

 

Was für eine Arena! Keine technischen Schwierigkeiten, aber es gilt im Steilgelände die Konzentration permanent hoch zu halten, Stolperer können hier böse enden.

  

Nach einer kurzen westlichen Querung stehe ich an der Felsstufe zum Kar. Über eine versicherte Passage (II dank Drahtseil) geht's hinauf zur Gr. Schoß. 

 

Im Kar angelangt (ca. 1.950m), ich orientiere mich nach links zum "Fisch". 

 

Tiefblick zum Mieminger Plateau. 

 

Durch das Kar leitet der Normalweg zur Westl. Mitterspitze.

 

Ich steige wohl etwas zu direkt an und verliere die Markierungen, ab nun folge ich also meiner Intuition. Ich beschließe links aufwärts zur Schulter in Bildmitte anzusteigen. 

 

Mit Höhenangst hat man hier nichts verloren, die Steilheit bleibt allgegenwärtig. 

 

Felszacken in typischer Mieminger Felsqualität, im Prinzip ein einziger Splitterhaufen. Herrlicher Blick nach Süden in die Stubaier. 

 

Einige Zeit suche ich nach der besten Route, und übersehe fast das Drahtseil wenige Meter vor mir. 

 

Weiter hoch im Steilgras, mittlerweile hat die Sonne den Morgentau völlig aufgetrocknet. 

 

Unterhalb des "Fischs" flacht es etwas ab, gut gangbares Gelände. Die Gipfel verschwinden für eine knappe halbe Stunde im Nebel, der sich später wieder auflöst. 

 

Im Osten setzt der Schoßgrat an, der oben an die Westl. Mitterspitze andockt. Lt. diversen Berichten III, in dem Gebiet gibt es auch viele alpine Kletterrouten. 

 

Am gut erkennbaren "Fisch" (Schneeferner) unterhalb der Westl. Griesspitze. Die Nebelschwaden vereiteln leider ein Detailstudium des Abstiegs, der irgendwo durch die Schrofen im linken Bildteil führen muss.

 

Nach einer kurzen Klettereinlage (I) Gehgelände auf ca. 2.400m. 

 

Herrliche Stimmung durch den Nebel-Sonne-Wechsel. 

 

Mittlerweile auf ca. 2.450m. Ich bleibe auf der Rippe in Bildmitte und steuere dann etwas rechtshaltend die Südflanke der Östl. Griesspitze an. 

 

Gegenüber die Westl. Mitterspitze (2.701m), dahinter der Hochplattig. 

 

Umgehung eines Gratköpfls, ich bin von links durch die steilen Schrofen herauf. 

 

Oben naht bereits der Gipfelaufbau. Weiter aufwärts, meist Gehgelände, oben eine kurze mühsame Schotterreise.

 

Endorphine: hoch!

 

Für die letzten 150 Höhenmeter wähle ich diese Rippe, im unteren Teil max. I.

 

Drüben die Westl. Griesspitze. 

 

Anhaltend steil. Viel Splitter, was das Steigen mühsam macht. 

 

Der Ausstieg naht, drüben bereits der Gipfel der Östl. Griesspitze. Je nach Route kann man zwischen I oder II wählen.

 

Endlich oben am Grat! 

 

Noch wenige Meter westwärts, dann stehe ich nach 4:30h auf der Östl. Griesspitze (2.747m). 

 

Die alte Gipfelbuchschatulle. 

 

Wie auch an der Westl. Griesspitze gibt's hier ein relativ neues Gipfelbuch. Bin heuer der erste heroben, in den meisten Jahren sind es weniger als 5 Begehungen. 

  

Stolz auf diesen Gipfel in atemberaubendem Gelände. 

 

Drüben das Kreuz der wenige Meter niedrigeren Westl. Griesspitze. Was mich da rüber wohl erwartet? Ein Bericht im Internet spricht von II+, geizt aber sonst mit Details. (Wenn jemand übrigens einen der alten, vergriffenen Führer loswerden will, der macht mit mir ein gutes Geschäft).  

 

Die gesamte Gratstrecke, die Schwierigkeiten dürften wohl zum Schluss bei den Steilstufen kommen. 

 

Ein erster Gratkopf (I+). 

 

Die Kaltfront des Vortags hat eine angeeiste Nordflanke hinterlassen, ein nicht unwesentliches Detail für die später folgende Schlüsselstelle. 

 

Doch zuerst bleibt's gutmütig. Mittig im Vordergrund ein vorgelagerter Gratkopf mit Steinmann. 

 

Klarerweise musste ich da rauf. 

 

Etwas Zeit um den Fernblick zum Wettersteinkamm, u.a. mit dem Hochwanner und dem Hinterreintalschrofen, und das "Gatterl" zu genießen. 

 

Bald geht's aber zur Sache. 

 

Kurzer, sehr schmaler Gratabschnitt, rechts nochmals der vorgelagerte Gratkopf. 

 

Ordentlich Tiefblick in Drachen- und Brendlkar. 

 

Auf den Gipfelaufbau zu.

 

Dieser scharfe Zacken verlangt südliches Ausweichen.

 

Nicht zu tief abdrängen lassen.

 

An geeigneter Stelle wieder rauf (II).

 

Rückblick auf das zweite Gratdrittel.

 

Grande Finale, zuerst nochmals links ausweichen. 

 

Zurück zum Grat und nach rechts aufwärts. 

 

Und dann innehalten vor der 10m hohen Steilstufe: hmm, das sieht mir nicht nach einem lockeren IIer, sondern im Gegenteil sehr ernst aus. Mindestens II+, beinahe senkrecht, stark ausgesetzt,  aufgrund der Kleingriffigkeit vergebe ich III-. Ein Rückzug über den Anstiegsweg wäre jetzt eine üble Sache. Der Aufschwung ist nur an der Kante zu nehmen, Ausweichen unmöglich. 

 

Daher hart an der Kante aufwärts, in Summe war's gut machbar. Größte Acht musste ich bei den nordseitig exponierten Tritten walten lassen, da noch mit leichter Eiskruste. Der Fels ist in dieser Passage erfreulich fest. 

 

Runter möchte ich diese fast senkrechte Stelle aber nur ungern.

 

Nach wenigen Metern die zweite Steilstufe, die leicht rechts und einfacher erklettert wird (II+). 

 

Auf der Westl. Griesspitze (2.741m), ca. 1h habe ich für den Grat benötigt. 

 

Der Respekt für Überschreiter der Mieminger Kette hat sich weiter verfestigt. 

 

Runter über die Südflanke, oben ziemlich brüchig. 

 

Das griffarme Wandl (II), kein Spaßgelände. 

 

Dann durch das unübersichtliche Rinnensystem. Hier habe ich sehr davon profitiert, dass ich die Route vor 2 Jahren mit Roman gegangen bin

 

Der steile Gipfelaufbau wird über eine versicherte Steilstufe verlassen. 

 

Nun die Frage: soll ich versuchen, hinüber zum Fisch zu gelangen? Es ist eher unübersichtlich, ich müsste den steilen Schrofenhang queren und wohl am unteren Ende des Felsriegels (links der Bildmitte) zum Schneefeld absteigen. An zwei Stellen sind größere Steinmänner platziert, ich kann aber keinerlei Pfadspuren ausmachen. 

 

Also noch ein bisschen runter. 

 

Auf etwa 2.400m erblicke ich gegenüber einen kleinen begrünten Vorsprung, dass müsste es wohl sein. Sicher bin ich mir nicht, die Querung da rüber schaut auf dieser Höhe schon sehr steil aus, und das ist keine Umgebung für Experimente. Daher beschließe ich den mir schon bekannten Normalweg über den Knappensteig zur Stöttlreise zu nehmen. 

 

Unten die Wankspitze, davor die Stöttlreise, ist aber noch ein gutes Stück dorthin. 

 

Unschwierig die Schrofen runter. 

 

Es gibt ein paar gangbare Rinnen, und komme etwas östlich des markierten Einstiegs ...

 

... zum Plateau, wo noch ein paar harmlose Schneefelder zu queren sind. 

 

Gelegentliche Markierungen erleichtern die Orientierung, trotz der prinzipiell bekannten Route versteige ich mich zweimal leicht.

 

Die letzte überaus unübersichtliche Steilstufe. Rechts unten zeigt ein Fixseil den Weg. 

 

Teilweise noch annehmbarer Fels. Je weiter man nach unten kommt, desto brösliger wird's.

 

Eine markante, per Fixseil entschärfte Steilstufe, sonst ein oberer Brösel-IIIer.

 

Meter für Meter abwärts. An die 2h sind für die nur 700 Höhenmeter Abstieg vom Gipfel bis zur Stöttlreise einzuplanen.

 

Noch eine Steilstufe mit Fixseil, und zum Glück macht regelmäßiges Bergsteigen schlank.

 

Geschafft. Nach fast 7h endlich aus dem heiklen Gelände raus. 

 

Nun die weite Stöttlreise runter. Meine Hoffnung, im Schotter komfortabel runterzucruisen erfüllte sich leider nicht, da großteils zu hart oder grobkörnig. 

 

Dafür hat man einen tollen Blick auf den Anstieg zur Gr. Schoß von heute morgen. Schaut aus der Perspektive recht wild aus. 

 

Der Weg durch die Stöttlreise zieht sich. Muss im Winter hier pures Skivergnügen sein. 

 

Hinab zum Stöttlbach, wo ich mir nasse Füsse hole. Danach noch 100 Höhenmeter retour zum Rad. 

 

Nach 8h stehe ich wieder beim Rad, welches mich in weniger als 10 Minuten hinaus nach Obermieming erledigt. Es hat sich wieder gezeigt: die Mieminger sind schon eine harte Nuss, vor allem im Alleingang. Aber wie sonst nur das Karwendel verkörpern diese Berge eine besonders herbe, rohe, tolle Form des Bergsteigens. 

 


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Kommentare: 5
  • #1

    Knapp Thomas (Freitag, 29 Juni 2018 10:59)

    Hallo Jürgen, Danke für den informativen Bericht!
    Was den alten vergriffenen AV Führer Mieminger Kette von Rudolf Wutscher Aufl 1988 betrifft könnt ich dir weiterhelfen..
    Schöne Grüsse
    Knapp Thomas
    Stans

  • #2

    jürgen (Freitag, 29 Juni 2018 15:21)

    servus thomas, erwarte in kürze die 94er auflage... melde mich aber zurück wenn das nicht klappen sollte. danke schon einmal für dein angebot!

  • #3

    Holger (Montag, 02 Juli 2018 12:39)

    Also sollte ein Führer über bleiben i wär a interessiert :-D lg und danke für deinen Bericht. Spar ich mir etwas Sucherei :-D

  • #4

    jürgen (Mittwoch, 11 Juli 2018 16:44)

    hallo thomas, die 94er auflage ist leider nur ein müder abklatsch und verweist besonders bei den anspruchsvolleren touren immer wieder auf die 88er auflage von wutscher. wäre sehr interessiert!

  • #5

    Rudl (Montag, 09 November 2020 11:12)

    Jürgen sauber sag i nur!!
    Danke für den überaus genauen Bericht mit Aussagekräftigen Bildern zu diesen tollen Berg!
    Gsund bleiben!