Gleirschtaler Brandjoch & Gleirschspitze

2374 & 2317 Meter

Karwendel

4. November 2017

Autor: Jürgen

 

Beschreibung:

Start bei der Hungerburg in Innsbruck (868m). Über die Arzler Alm (1.067m) und die Arzler Reise auf die Arzler Scharte (2.158m). Weiter bis unterhalb der Mandlscharte und zum Süd- (2.372m) und Nordgipfel (2.374m) des Gleirschtaler Brandjochs. Über den weiten Wiesenrücken abwärts zum Niederbrandjoch (2.181m) und zur Jagdhütte Runboden (1.787m). Im Mandltal einfädeln auf den Steig und hinauf Richtung Gleirschjoch zur Gleirschspitze (2.317m). Abwärts über den Steig bis knapp vor die Seegrube (1.916m) und via Bodensteinalm (1.661m) zurück zum Ausgangspunkt. 

 

Schwierigkeitsgrad: mittelschwierig (T4/I+)

Meist gut markierte Steige, Aufschwung zum Südgipfel des Gleirschtaler Brandjochs versichert (I), Übergang zum Nordgipfel schrofig (I+) - Achtung bei Vereisung. Am Niederbrandjoch ist der obere Bereich des Steigs durch den Latschengürtel schwer zu finden. Vorsicht auch bei den Querungen der schneegefüllten Rinnen am Weg von der Gleirschspitze zur Seegrube.

 

Dauer: 6:20 Stunden

Höhenmeter: 2.190 Meter

 

Parkplatz:

Im Nahbereich der Nordkettenbahn

 

Einkehrmöglichkeiten:

Arzler Alm

Seegrube

Bodensteinalm

 

Landschaft:  ********* (9/10)

Kondition:      ******** (8/10)

Anspruch:           ****** (6/10)



Die Inntalkette wird, obwohl die südlichste Karwendelkette, allgemein als "Nordkette" bezeichnet und trennt den Großraum Innsbruck scharf vom Naturpark Karwendel. Von der Rumer Spitze, die Roman und ich Anfang Oktober 2017 besucht haben, ist dieser Gegensatz besonders gut sichtbar. Die heutige Tour führt mich über das Gebiet, das im Vordergrund sichtbar ist.

 

Die heutige Runde: vom Innsbrucker Stadtgebiet auf das Gleirschtaler Brandjoch, hinter der Nordkette in das Mandltal und über die Gleirschspitze zurück (gesamt 18,1 km und 2.190hm).

 

Ich starte um 6:45 Uhr bei der Hungerburg (868m) bei schönem Morgenrot.

 

Ein Stück weiter die Arzler Alm (1.067m), eine der Innsbrucker Hausalmen. Zuerst führt der Weg über gut markierte Steige in Richtung Rumer Spitze (rechts der Bildmitte).

 

Südseitig alles schneefrei, ich hoffe dass meine Trailrun-Schuhe die richtige Wahl sind. Noch vor der Rumer Alm halte ich mich aufwärts zur Arzler Reise.

 

Die Arzler Reise ist zwar vor allem beim Abstieg eine Wohltat, sie ist aber auch eine schnelle, weil sehr direkte Möglichkeit zum Aufstieg.

 

Noch in Sicht- und Hörweite des städtischen Trubels übernimmt die Natur das Kommando.

 

Ziemlich genau 2h ab Hungerburg erreiche ich die Arzler Scharte (2.158m). Links im Hintergrund mein erstes Ziel, das Gleirschtaler Brandjoch.

 

Jippie, quasi schneefrei. Der Anstieg verläuft in der linken Rinne und weiter über den steilen Grashang. Oben erkennt man bereits die kleine Schutzhütte direkt unter dem Südgipfel.

 

Der Zustieg war durch den gefrorenen Schnee etwas mühsam, in der seilversicherten Rinne (I) geht es ohne Probleme aufwärts.

 

Die kleine Schutzhütte unter dem Gipfel.

 

Und wenige Meter darüber das Denkmal am Südgipfel des Gleirschtaler Brandjochs (2.372m). Im Hintergrund die schon sehr winterliche Gleirsch-Halltal-Kette, die Saison für höhere Karwendelgipfel dürfte heuer schon mit Mitte Oktober zu Ende gegangen sein.

 

Rückblick auf Innsbruck vom Gipfel. 2:30h ab Aufbruch bei der Hungerburg.

 

In der Pfeis ist bereits Winterruhe eingekehrt.

 

Im Westen Blick auf den weiteren Tourverlauf: zuerst rechts den breiten Wiesenhang und durch die Latschen hinunter in das Mandltal, dann links (nicht im Bild) wieder hoch auf die Nordkette.

 

Doch vorher muss ich auf den Nordgipfel. Was hier wie ein flacher Spaziergang aussieht, hat noch eine Herausforderung parat.  

 

Man muss einem ungangbaren Felsabbruch ausweichen und dazu vom Grat links einige Meter brüchig absteigen. Unangenehme Schutt-Schnee-Eis-Mischung.

 

Hier die Stelle im Rückblick (I+). Sieht harmlos aus, rechts fällt aber eine Rinne steil ab und aufgrund der Verhältnisse musste ich gut aufpassen.

 

Noch ein paar einfache Gratköpfe und dann leicht auf den Nordgipfel.

 

Am Nordgipfel des Gleirschtaler Brandjochs (2.374m). Dahinter der eindrucksvolle Doppelgipfel der Praxmarerkarspitzen (2.638m), die sich noch auf Innsbrucker Gemeindegebiet befinden.

 

Zeit zum Genießen der Gipfelparade: Kaskarspitze (2.580m), Sonntagkarspitze (2.575m) sowie Hintere Bachofenspitze (2.668,) und der schöne Kamm mit Rosskopf (2.680m) und Stempeljochspitzen (2.543m).

 

Rückblick auf den Südgipfel mit dem bei diesen Verhältnissen vorsichtig zu gehenden Übergang.

 

Das Brandjoch ist durch die isolierte Lage - nicht wie im Karwendel üblich als Teil einer Kette - ein Gipfel mit echter 360° Rundumsicht. Im Nordwesten der Gr. Katzenkopf mit seinem langen Südwestgrat sowie der zu den Jägerkarspitzen führende Barthgrat.

 

So eine Draufsicht hat schon was: kaum zu glauben, dass man durch die Südflanke des Gr. Katzenkopfs mit leichter Kletterei (I) durchkommt.

 

Trotz kühler Witterung ein toller Platz.

 

Am Götheweg, dem Verbindungssteig zwischen Hafelekar und Pfeis, kämpft sich ein weiterer wackerer Kollege durch den Schnee. 

 

Die Hafelekarspitze (2.344m) gegenüber - durch die Nähe zur Seilbahn und dem traumhaften Ausblick ist der Gipfel bei Touristen beliebt und immer gut besucht.

 

Der Südgipfel des Gleirschtaler Brandjochs, im Hintergrund die Grenzberge zu Südtirol.
Interessantes Detail: links des Gipfeldenkmals befindet sich die Rollspitz (2.800m, Endpunkt der Grattour von Roman), der markante Zacken ein kleines Stück weiter links in der Ferne ist der Kesselkogel (3.004m) in der Rosengartengruppe, über 96 km entfernt.

 

Weiter geht's hinab in das Mandltal, zuerst am sanften Grasrücken hinunter zum Niederbrandjoch. Mittig ein südseitig auf schneebedecktem Band zu umgehender Gratkopf.

 

Die Nordkette ist nordseitig schon recht winterlich. Später werde ich noch auf der Gleirschspitze (2.317m) stehen, dem hier links der Bildmitte sichtbaren Felsgipfel. 

 

Wenig später erreiche ich das Niederbrandjoch (2.181m). Keine Steigspuren, aber ein kleiner Steinmann. 

 

Rückblick auf die kleine Gratüberschreitung vom Süd- (rechts) auf den Nordgipfel (links) des Gleirschtaler Brandjochs.

 

Weiter Blick nach Westen: links die Erlspitzgruppe, mittig Mieminger Berge und Wetterstein, rechts der Katzenkopf.

 

Die für diesen Tag ursprünglich anvisierte Überschreitung der Arnspitzgruppe wäre definitiv möglich gewesen. Im Hintergrund rechts die wuchtige Wettersteinwand.

 

Das Zackengewirr der westlichen Inntalkette mit dem Kemacher (2.480m), dem höchsten Gipfel am Innsbrucker Klettersteig.   

 

Es gilt den richtigen Einfädler in die Latschen zu finden, unbedingt vorher recherchieren. Vor einem die bombastischen vertikalen Schichtplatten der Grubreisentürme sowie dahinter die Kumpfkarspitze (2.393m), allesamt ambitionierte Gipfelziele.

 

Selbst am richtigen Weg sieht's so aus, nach unten hin ist der Steig besser ausgeschnitten.

 

Am Abhang des Niederbrandjochs: unendliche Gelegenheit, seine Kenntnisse im Latschennahkampf aufzufrischen.

 

Schlussendlich wird man hier ausgespuckt.

 

Am Runboden, einem wahrhaft superben Fleckchen Erde.

 

Karwendelherz, was willst du mehr? Bis hierher bin ich 3:50h unterwegs gewesen.

 

Vor mir die idyllische Jagdhütte am Runboden (1.787m). Dahinter links die spitzen Gleirschzähne (dahinter verdeckt mein nächstes Ziel die Gleirschspitze), mittig mein Aufstiegskar in der nächsten Stunde.

Kaum zu glauben: Luftliniendistanz zum Innsbrucker Stadtzentrum nur 6,7 km.

 

Die sehenswerten Grubreisentürme (2.266m).

 

Die Jagdhütte Runboden.

 

Am markierten Steig beginne ich den zweiten Aufstieg am heutigen Tag.

 

Das obere Mandltal, noch so ein Latschen-Walhalla: links das Niederbrandjoch, vor mir Gleirschtaler Brandjoch und rechts die Mandlspitze.  

 

Von der Seite gesehen nehmen die Grubreisentürme Gestalt an.

 

Rückblick auf den Runboden sowie hinaus Richtung Scharnitz. Ursprüngliches, wunderschönes Karwendel, und das so nah an der Stadt.

 

Bei in der Sonne noch angenehmen Temperaturen steige ich die ca. 550hm hoch.

 

Die zackigen Gleirschzähne.

 

Immer wieder fesselt mich der Blick hinaus zum Großen und Kleinen Katzenkopf sowie dem lohnenswerten Südwestgrat.

 

Im Kar steilt es dann auf, der Föhnwind pfeift und es ist ziemlich kalt. 

 

Ich nähere mich dem Gleirschjoch, biege aber vorher weglos direkt in Richtung Gleirschspitze ab.

 

In der Flanke zur Gleirschspitze. Nach Süden öffnet sich wieder der weite Blick über das Inntal.

 

Im Norden das einsame Kar, durch das ich gekommen bin.

 

Innsbruck liegt mir wieder zu Füßen. Schlagartig wechselt die völlige Stille zu einem Rauschen der Zivilisation.

 

Auf der Gleirschspitze (2.317m), zum zweiten Mal heute auf der Nordkette. Exakt 5:00h nach Aufbruch heute früh.

 

Rückblick auf das begangene Rund mit dem Niederbrandjoch vor den großen Karwendelgipfeln der Gleirsch-Halltal-Kette.

 

Zoom auf Nord- (links) und Südgipfel des Gleirschtaler Brandjochs, im Hintergrund die deutlich höhere Hintere Bachofenspitze (2.668m). 

 

Der vorausgesagte Föhn pfeift mir um die gut geschützten Ohren. 

 

Die Touris auf der Hafelekarspitze (2.334m) führen wohl auch ihre Daunenjacken aus. Im Hintergrund beeindrucken Vordere Brandjochspitze (2.559m), Hohe Warte (2.597m) und Kleiner Solstein (2.637m).

 

Da vorne, Menschen! Kein Wunder am viel begangenen Götheweg.

 

Einfacher Abstieg von der Gleirschspitze.

 

Ich wollte nicht am eigentlichen Götheweg oben am Grat zum Hafelekar, sondern gleich direkt am Steig hinunter zur Seegrube. Dies war der unangenehmste Teil der ganzen Tour.  Mehrfach waren im Steilgelände schneegefüllte Rinnen zu queren.

  

Auf den kleinen Rücken alles easy und fast ausgeapert. 

 

An mehreren Stellen sah's aber so aus - höchste Vorsicht in diesem durch die Frequenz bekanntlich unfallträchtigen Abschnitt. Nach unten hin wurde der Schnee aber schnell weniger. 

 

Kurze Pause auf Höhe der Seegrube in der angenehmen Nachmittagssonne. Im Westen die Vordere Brandjochspitze mit ihrem tollen Südgrat.

 

 

Es warten noch 1000 Höhenmeter Abstieg hinunter zur Hungerburg.

 

Heute Hochbetrieb in der Seilbahn hinauf zum Hafelekar.

 

Und Hochbetrieb am Steig von und zur Bodensteinalm. 

 

Nochmals ein schöner Herbsttag im Karwendel, morgen ist Schnee bis ins Tal vorhergesagt.

 

Ich flitze im Laufschritt an der Bodensteinalm (1.661m) vorbei.

 

Und nehme den Seilbahnsteig als direkte Linie zurück zur Hungerburg. Ende der Tour der Gegensätze nach 6:20h. Ich bin immer wieder fasziniert, wie weit Füße tragen können.

 


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Kommentare: 5
  • #1

    edi (Dienstag, 07 November 2017 07:15)

    Stark - coole Bilder, top Infos mit vielen Details! Da gibts noch einiges zum nachgehen :) Grüße Edi

  • #2

    Juergen (Dienstag, 07 November 2017 10:12)

    Freut mich! Auch ich war beeindruckt, wie einsam die Routen so nahe an der Großstadt sind - viel Spaß beim Nachgehen!

  • #3

    Rainer (Dienstag, 07 November 2017 22:30)

    Kluge Routenwahl und ansprechender Bericht Jürgen, Berg Heil!

  • #4

    Robert (Donnerstag, 20 August 2020 19:23)

    Ein wunderbarer Tourenbericht zu meinem Liebling unter den Nordkettengipfeln! An den Latschenkampf runter vom Niederbrandjoch kann ich mich noch lebhaft erinnern, hatte mir an dem Tag vorgenommen, rein aus dem Kopf zu gehn und das Navi nicht auszupacken. Nach dem dritten mal Umkehren im Latschenvalhalla hab ich den Vorsatz dann sausen lassen...^^

    Eine landschaftlich schöne Variante ergibt sich übrigens auch durch das Mühlkar rüber zur Mühlkarscharte und von dort aus über den Grat rüber auf die Gleirschspitze. Auf alten Karten ist da zwischen Nördl. GBJ und dem NiederBJ ein alter Steig eingezeichnet. Der führt direkt durchs grüne Mühlkar mit seinen vielen Löchern und Senken (Nicht zu verwechseln mit dem, der nur den Hang entlang im Geröll führt - der ist echt grausam!). Nähe Mühlkarscharte kann man mit wachem Blick noch Reste uralter AV-Markierungen erkennen, je weiter zurück zum eigentlichen Mühlkar es geht, desto verschwundener ist der Steig. Bin die Variante schon ein paar Mal gegangen, landschaftlich wunderschön, insbesondere der Grat vor der Gleirschspitze hats mir angetan. Einzig der Abstieg vom Niederbrandjoch ins Mühlkar wird jedes Jahr schlechter und schwieriger.

  • #5

    Jürgen (Samstag, 22 August 2020 17:00)

    Vielen Dank für den Mühlkar-Tipp, genau solche Routen suche ich liebend gerne! Gruß