Laliderer Falk

(Überschreitung via Blausteig- und Falkenkar)

2427 Meter

Karwendel

25. August 2019

Autor: Jürgen

Mit auf Tour: Holger, Rainer und Simon

 

Beschreibung:

Überschreitung des Laliderer Falk mit Aufstieg über Blausteig- und Abstieg über Falkenkar: Parkplatz P6 im Risstal (1.050m) - ins Laliderer Tal zum Gumpenalm-Niederleger (1.134m) - über die Steilstufe neben dem Wasserfall aufwärts in das Blausteigkar und hinauf zum oberen Karboden - durch die Sprungrinne (ab 2.120m) und den kurzen Westgrat zum Laliderer Falk (2.427m) - via Nordgipfel über die Schuttflanke hinab zur Scharte vor dem Turmfalk (2.120m) - Abstieg über die Westflanke ins Falkenkar (ca. 1.800m) - am Jagdsteig zur Forststraße (1.128m) und über einen verwachsenen Steig rund um die Nordseite des Totenfalk zurück zum P6.

 

Schwierigkeitsgrad: sehr schwierig (T5/III-)

Trotz der vergleichsweise wenig Höhenmeter ist die Überschreitung fordernd. Schlüsselstelle ist der Zustieg ins Blausteigkar (Stelle III-, Achtung bei Nässe). Sprungrinne II, Abstieg ins Falkenkar T5, Wegfindung nicht ganz einfach. 

 

Dauer: 8:30 Stunden

Höhenmeter: 1.430 Meter

 

Parkplatz:

P6 Risstal.

 

Einkehrmöglichkeiten:

Garberlalm an der Risstalstraße.

 

Landschaft:  ********* (9/10)

Kondition:       ******** (8/10)

Anspruch:        ******** (8/10)



Weder die Bremer Stadtmusikanten noch die Daltons, sondern vier leidenschaftliche Bergsteiger unterwegs im Karwendel. Die Überschreitung des Laliderer Falk (2.427m) ist eine anspruchsvolle, abwechslungsreiche Unternehmung. Umso schöner, dass die Tour in einer größeren Runde mit Holger (gipfelträume.at), Rainer (spitzentreffen.at) und Simon zustande kam.

 

7:00 morgens, nach langer Anfahrt aus dem Inntal starten wir bei schönem Sommerwetter von der Mautstraße im Risstal. Im Hintergrund der östliche Teil der Falkengruppe (v.l.n.r. Laliderer Falk 2.427m, Turmfalk 2.200m und Totenfalk 2.131m). Theoretisch hatten wir eine Überschreitung aller drei Gipfel im Auge, praktisch sprach allerdings die für den Nachmittag vorhergesagte Gewitterlage dagegen.

 

Rechterhand taucht bald der Steinfalk (2.347m) auf, zwischen diesem und dem Laliderer Falk versteckt sich das Blausteigkar. Ganz trivial scheint der Aufsteig nicht zu sein.

 

Hinein ins Laliderer Tal. Die mächtigen Fluchten der Laliderer Wände schinden Eindruck, von der anderen Seite sind Dreizinkenspitze (2.603m), Laliderer Wand (2.620m) und Laliderer Spitze (2.588m) doch erheblich leichter zu erreichen.

 

Sehr spät öffnet sich der untere Abbruch des Blausteigkars. Wir steigen weglos zu den Schneeflecken zu und wissen die dunklen Felsen richtig zu deuten.

  

Ende August noch immer ein mächtiges Altschneefeld. Rechts der Rinne geht es durch die gut strukturierte Flanke hinauf, die am Morgen noch ziemlich nass ist. Angeblich ist es umso leichter, je weiter rechts man steigt. Durch das nasse Gras hielten wir uns aber mittig-links.

 

Großes Aufwärmen ist heute nicht möglich, hinein in die heutige Schlüsselstelle.

 

Felsig-schrofig mit Stellen II.

 

Schönes Karwendel - für Holger und mich ist die Falkengruppe Neuland. Rainer und Simon haben wenige Wochen vorher den Westteil mit Kleinem Falk und Risser Falk überschritten, deren lesenswerter Bericht findet sich hier.

 

Wir weichen dem nassen Gras nach links aus und folgen einigen Bohrhaken. 

 

Rainer packt die III- an, etwas ausgesetzt auf kleinen Tritten über die Rippe nach links oben. 

Simon voraus und schon am Grinsen.

 

Blick zurück, bei Nässe kein Spaßgelände!

 

Der Rinne folgend hinauf in einen Kessel (meist I). Der Normalweg würde durch die steile Felsflanke oberhalb des Schneefelds hinauf zu den Latschen führen.

 

Doch wie über das meterhohe Schneefeld hinüber kommen? Simon testet an und steht auf der anderen Seite vor einer mindestens 10 Meter hohen Randkluft. Unglaublich, wir stehen hier Ende August auf kaum 1.500m Seehöhe.

 

Geht nicht, also weiter seitlich des Schneefeldes hinauf.

 

Auch oben keine Chance. Simon und Rainer sind hinter dem pickelharten Schnee hinabgestiegen, konnte aber keine geeignete Übertrittsmöglichkeit ausmachen.

 

Also noch weiter auf der rechten Rinnenseite hinauf, oberhalb eines Steilabbruchs können wir ...

 

... nach links in das Blausteigkar hinausqueren. Macht Riesenspass hier mit den Kollegen unterwegs zu sein.

 

Dank brüchiger Schrofen durchaus anspruchsvoll, aber wir waren dankbar über diese alternative Zustiegsmöglichkeit.

 

In das Blausteigkar verirren sich wohl nicht allzu viele Leute. Wieder einmal bewahrheitet sich die Hypothese, dass bei vielen Karwendeltouren der Karzustieg das eigentliche Kriterium ist - für den Laliderer Falk und das Blausteigkar trifft das jedenfalls zu.

 

Auf ca. 1.700m nehmen wir wieder die Stöcke zur Hand. Dank unserer erzwungenen Umgehung haben wir deutlich mehr als zwei Stunden für den ersten Teil gebraucht.

 

Keine Markierungen oder Steinmänner, Route aber logisch vorgegeben. Zeit genug um über das fallweise anzutreffende blaue Gestein ('Blausteig'?) zu sinnieren.

 

Über dem Laliderer Tal Rosskopf- (2.015m) und Ruederkarspitze (2.240m).

 

Beeindruckende Südwand des Laliderer Falken. Durch die Ostwand gibt es übrigens eine anspruchsvolle Führe (III und mehr).

  

Im oberen Karboden auf ca. 2.050m. Vor uns der Kamm zwischen Steinfalk (links ausserhalb des Bildes) und P. 2.317m, dem Knotenpunkt an dem West- und Ostast der Falkengruppe zusammenkommen.

 

Rechts oben gibt sich die 'Sprungrinne' zu erkennen, die den weiteren Anstieg zum Laliderer Falken vermittelt. Der alternative Weg über die brüchige Rinne links würde oben am Westgrat zu einer IVer-Stelle leiten.

  

Karwendel-typische Schotterreise hinauf zur Sprungrinne.

 

Toller Fels am Fußpunkt.

 

In der Rinne leicht brüchig, daher bleiben wir knapp beisammen. Wir halten uns durchwegs an der rechten Rinnenbegrenzung, man könnte aber auch links davon klettern. Oben führen beide Varianten wieder zusammen.

 

II mit viel Genuss.

 

Wunderbare Kraxelei im Team.

 

Birkkar- (2.749m) und Ödkarspitzen (2.738 / 2.745m) - die höchsten Karwendelgipfel in zunehmend dunstiger Luft. Rechts außen die Gr. Riedlkarspitze (2.585m).

 

Bei den glatten Platten weichen wir nach rechts aus, Holger bleibt vorerst noch in der Verschneidung.

 

Ohne Orientierungsprobleme. Wir halten nun wieder auf die Rinne zu, hier könnte man auch nach rechts hinaus zum Südgrat aussteigen.

 

Simon steigt vor.

 

Wir nach. Weiter oben kann man sich schon einen Helm aufsetzen, da zunehmend brüchiger.

 

Im unteren II. Grad hinauf zur Scharte.

 

Steinfalk Nordseite und dahinter der Karwendel-Hauptkamm mit vielen, vielen tollen Gipfeln - siehe unsere Übersicht.

 

Helm runter, Grinser rauf, denn ... 

 

... kaum 50 Höhenmeter später erreichen wir um 11:20 Uhr den Gipfel des Laliderer Falken (2.427m). 

 

Tiefblick über die 1.300m hohe Ostwand ins Laliderer Tal. 

 

Jeder packt seine Lieblings-Stärkung aus und wir diskutieren eine unendliche Zahl von Tourenmöglichkeiten, die man von den freistehenden Falken einsehen kann.

 

Eindrucksvoll schaut der Risser Falk (2.413m) herüber, dahinter die Nördliche Karwendelkette und der Hochalmsattel.

 

Schauen - Fotografieren - Gustieren.

 

Stierjoch - Torjoch - Lerchkogel im Vorkarwendel, eine einfache Kammwanderung, davor Fleischbank und Hölzelstaljoch.

 

Lässige Runde!

 

Nächste Etappe: hinüber zum Nordgipfel. Gut ist das nordseitige Band zu sehen, das von links nach rechts ansteigend begangen wird.

 

Dazu aber zuerst etwas nach Westen absteigen.

 

I-II, je nach Linie.

 

Querung hinüber zur Scharte zwischen Haupt- und Nordgipfel.

 

Das einfach zu begehende Band.

 

Abstieg vom Nordgipfel.

  

Nun über die mächtige Schuttflanke runter zur Scharte vor dem Turmfalk.

 

Die beiden Herren in der selbstbenannten "Tiroler Führe", ich unterwegs in der "Mühlviertler" (eigentlich "Waldviertler") Führe. Links majestätisch das Sonnjoch (2.457m), sowohl des Sommers als auch des Winters ein toller Berg.

 

Kurz vor der Scharte beratschlagen wir vier Helden über die weitere Route. Turm- und Totenfalk wären zum Greifen nahe, jedoch legen die sich entwickelnden Schauerzellen einen baldigen Abstieg ins Falkenkar nahe. Der direkte Nordgrat des Turmfalken wäre laut AVF IV, die rechts davon gelegene Verschneidung dürfte kaum über II gehen, wird im AVF aber nicht erwähnt.

 

Für Experimente ist allerdings die Wetterprognose zu schlecht (was sich später bewahrheiten sollte) und auch der Abstieg ins Falkenkar zu langwierig. Daher beschließen wir uns auf einen kurzen Erkundungsgang zu beschränken.

  

Rückblick zum Laliderer Falk, über dem schon Nebel aufzieht.

 

Wir checken die sinnvollste Aufstiegsoption zum Turmfalk. 

 

Diese Rinne auf der Nordwestseite dürfte es sein, unten II, oben am Nordgrat III. Obwohl es kaum 100 Höhenmeter sind, verschieben wir die Besteigung auf ein anderes Mal.

 

Ebenso jene des Totenfalks, der von hier unschwierig zu erreichen wäre.

 

Retour in die Scharte vor dem Turmfalk und den Steigspuren und sporadischen Steinmännern nach durch die Steilflanke abwärts.

 

Trittsicherheit erforderlich, zu Klettern gibt es hier nichts.

 

Der Abstieg nimmt einige Zeit in Anspruch. Obwohl das Falkenkar sehr nahe wirkt, sollte man im Abstieg mit mindestens 45-60 Minuten rechnen.

  

An geeigneter Stelle wählen wir diese brüchige Rinne zum Durchstieg der Felsen.

  

Und im Gänsemarsch hinein ins Falkenkar (ca. 1.800m).

 

Die T5-Steilflanke: von rechts oben nach links abfallend querend, dann nach rechts herunter ins Kar. Ganz rechts außerhalb des Bildes gäbe es überdies eine sehr anspruchsvolle direkte Anstiegsmöglichkeit zum Laliderer Falken (III und brüchig).

 

Am Jagdsteig im urigen Falkenkar. Der sehr feuchte, rutschige Untergrund sorgte für mehrmalige herzhafte Kung-Fu Einlagen.

 

Beim Wasserfall, der uns heute mehr zur Fußwäsche als Durstlöscher dient.

14:15 Uhr, 1.120m - endlich am Forstweg. 

 

Doch warum sollten wir auf dem Forstweg bleiben, es gibt einen zwar verwachsenen, aber malerischen alten Jagdsteig der uns wieder zurück zum Eingang des Laliderer Tals führt.

 

Ein kurzer Asphalt-Hatsch zurück zum P6, das war's dann aber. 

  

Gut, dass wir uns für den rechtzeitigen Abstieg entschieden haben, so konnten wir vier mit Prachtblick auf das Falkenkar und den Laliderer Falken (Bildmitte) auf die gelungene gemeinsame Tour anstossen. Wenig später ereilte uns bei der Heimfahrt ein heftiges Gewitter.

 

Rainers Bericht zu unserer Tour ist hier nachzulesen.


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Kommentare: 4
  • #1

    Joe (Montag, 30 September 2019 18:44)

    Hat dir/euch offensichtlich Spaß gemacht, gemeinsame Sache zu machen. Na, ja, wenn die Creme de la Creme unterwegs ist, ist das schon was Spezielles....... Packend erzählt!

  • #2

    W.w. (Donnerstag, 03 Oktober 2019 19:08)

    Atemberaubend schön anzusehen und zu lesen !

  • #3

    Walter (Donnerstag, 12 November 2020 17:43)

    Super Bericht und sehr informative Fotos (fürs Nachgehen)!

  • #4

    Marc (Mittwoch, 22 Juni 2022 20:48)

    Schöner Bericht über einen einsamen Berg. :) Eine kleine Anmerkung zum Zustieg zum Blausteigkar: Das große Schneefeld ist wohl ganzjährig da. Ich habe es auch schon im September gesehen (wo dann auch deutlich wurde, wie unterhöhlt es von der Schmelze war). Der Übergang auf die andere Seite erfolgt am besten ein Stück unterhalb davon bei ein paar farbenfrohen Gumpen, es gibt dort sogar ein paar wenige Steinmänner. An Brüchigkeit schenkt sich der weitere Zustieg mit eurer Variante weiter oben aber vermutlich wenig. :D