Guffert über Westgrat 

Westgipfel 2140m / Hauptgipfel 2194m

Brandenberger Alpen

29. September 2018

Autor: Jürgen

 

Beschreibung:

Vom Ghf. Waldhäusl in Steinberg (985m) am Normalweg bis zur Abzweigung des Jagdsteigs auf ca. 1.700m. Westwärts in anfangs noch gut ausgeschnittener Latschengasse unterhalb der Guffert-Südwande bis zum Latschenkopf (Pkt. 1.765m), erste innige Latschenumarmungen inklusive. Nach dem Latschenkopf intensiviert sich das Latschenringen, bis man unterhalb des Westgrats ins Freie kommt (ca. 1.720m). Am anfangs steilen Grat auf der Gratkante empor, die Sportklettervariante umgehend und wieder am Grat bis zum Westgipfel (2.140m). Weitere Infos & Topo hierÜbergang über Bänder zum Hauptgipfel (2.194m) und am Normalweg retour nach Steinberg.

 

Die wenig schwierige Bergtour über den Normalweg samt Abstecher zum Guffertstein hat Roman beschrieben.  

  

Schwierigkeitsgrad: sehr schwierig (T5/III)

Steig am Normalweg max. T3+. Der Latschenkampf am Jagdsteig erfordert schon einen ziemlichen Willen. Am Grat herrliche Kletterei bis III, im unteren Teil steiler und ausgesetzter als oben; erwähnenswert ist die kurze, aber sehr abschüssige Plattenquerung unterhalb der Sportkletter-Variante sowie der Ausstieg auf den abflachenden Gipfelgrat. Übergang zum Hauptgipfel auf schmalen Bändern mit nochmaliger ausgesetzter Plattenquerung (II). 

  

Dauer: 6 Stunden

Höhenmeter: 1300 Meter

 

Parkplatz:

Ghf. Waldhäusl in Steinberg.  

 

Einkehrmöglichkeiten:

Ghf. Waldhäusl

 

Landschaft:  ******** (8/10)

Kondition:        ****** (6/10)

Anspruch:   ********* (9/10)



West- und Hauptgipfel des Guffert an einem Abend im späten September. Via Westgrat ergibt sich eine lohnende Überschreitung des Guffert-Massivs mit Kletterei bis UIAA III.

 

Start beim Ghf. Waldhäusl in Steinberg am Rofan. Am Vormittag war noch bedecktes Wetter, kurz nach Mittag hat es aufgerissen, gerade richtig für ein nachmittägliches Kletterschmankerl. Der Höhenunterschied zwischen Steinberg und dem Guffert-Hauptgipfel ist mit 1.200 Metern relativ überschaubar.

 

Aufwärts am bestens markierten und gut frequentierten Normalweg. Außer mir geht heute niemand über den Westgrat, dieser wird aber trotz des ruppigen Zustiegs doch regelmäßig gemacht.

 

Zuerst durch Wald, dann in der breiten Südflanke rauf. Mittig die Südkante des Guffert-Hauptgipfels (V), ganz links der Westgrat. Vorerst noch am Steig bleiben, bis beim Felskopf rechts oben der Jagdsteig abzweigt. 

 

Ein Steinmann markiert die Einstiegsstelle auf 1.700m. Der Jagdsteig zieht sich lange und ziemlich flach durch die Südflanke hinüber nach Westen.

 

Anfangs ist der Steig noch gut ausgeschnitten und quert einige Rinnen. 

 

Langsam aber sicher gewinnt die Vegetation die Oberhand. Immer wieder wird das Gleichgewicht getestet, der Steig ist aber (noch) leicht zu verfolgen. 

 

Oben bereits ein Teil des Westgrats. 

  

Hinüber zum Latschenköpfl (Pkt. 1.765m). Eine Armee von Latschen stellt sich dem Westgrat-Aspiranten entgegen, noch verdünnisiert sich der Steig aber nicht vollends. Wichtig ist der Grundsatz, sich nicht von diversen Latschengassen nach oben ins freie Gelände leiten zu lassen.

 

West- und Hauptgipfel von unten, die mittige Rinne schaut gangbar aus. 

 

Oben mittig nochmals die Südkante. Bis hierher war genug Gelegenheit mit den Latschen Freundschaft zu schließen. 

 

Denn ab dem Latschenköpfl wird in den Kampfmodus geschalten. 

 

Ich vermute zwar, dass ich auf dem Steig bin, aber sicher war ich mir hier nicht mehr. 

 

Zwischendurch schaut es im besten Fall so wie hier aus. An aufrechten Gang ist nicht mehr zu denken, eher Krabbeln mit nach unten gebogenem Oberkörper. Nach ein paar Minuten ist der Spuk aber vorüber und es bildet sich eine gute Latschengasse aus. Sollte man nicht ortskundig sein, empfehle ich mit GPS-Track zu navigieren, sonst kann man sich hier im Dickicht deftig versteigen. 

 

Die Latschengasse führt zum Ansatz des Westgrats. 

 

Bei dieser Schuttrinne nach links aufwärts zu den Felsen. 

 

Hinauf zu den Wänden, dahinter nochmals etwas abwärts.  

 

Aus dem Nichts auf einmal ein Drahtseil an einer vergleichsweise leichten Stelle. Dessen Zweck ist unerklärlich, weil es am Westgrat selbst keinerlei Versicherungen gibt. 

 

Rückblick auf den langen Zustieg durch den Latschengürtel. Meines Wissens gibt es auch keinen Alternativzustieg von Westen - in jedem Fall wartet also ein Latschenbad allerbester Qualität.

 

Doch nun: der Westgrat. Die unteren Meter kann man links in den Latschen umgehen, ich empfehle aber auf der Kante zu bleiben. Eine gute Übersicht bietet das Topo von bergsteigen.com, die Bewertungen sind aber leicht übertrieben.

 

Ran an den festen Kalk (II+). 

 

Der Grat steilt auf und wird schmäler. 

 

Zwischendurch der Ausblick auf die Bayrischen Voralpen, wie hier auf den Blaubergkamm mit der Halserspitz (1.863m), rechts das Schneidjoch (1.811m). 

 

In direkter Abfolge wechseln Ier/IIer Stellen, manche kratzen knapp am III. Grad (Topo sagt III, ich fand es leichter). Genialer Fels!

  

Es wird ausgesetzter, aber nirgends ganz schmal. 

  

Vorne taucht ein größerer Gratkopf auf. 

 

Blick hinüber zu den schroffen Südabstürzen, rechts vorne das vorhin genossene Latschenköpfl. 

 

Geradeaus zieht die Sportklettervariante hinauf (VI-), für Normalos wie mich geht's bei den Latschen nach links zur Plattenquerung. 

 

Diese Stelle - lt. Topo wieder III - erfordert etwas Überwindung und selbstredend absolute Trockenheit. Der Strick bringt im Aufstieg nicht viel, da die eigentliche Herausforderung darin besteht, die kleinen Tritte auf Reibung richtig zu setzen und man sowieso nach vorne greifen muss. 

 

Ein Rutscher wäre fatal. 

 

Rückblick. 

 

Nun muss man wieder den Grat gewinnen, also durch Latschen, Schrofen und felsige Partien rauf (I). 

 

Hier kommt man wieder mit der Sportklettervariante zusammen. 

 

Herrlicher später Nachmittag am Guffert, vorne Steinberg und dahinter das Rofan. 

  

Am Grat weiter, links vorne genehmige ich mir einen kleinen Überhang (III-), den man links unterhalb umgehen könnte. 

 

Darüber durch Schrofen ohne Probleme weiter. 

 

Vorne die lt. Topo dritte IIIer-Stelle. 

 

Für mich II+, gutgriffig. 

 

Auch hier der Rückblick. 

 

Nun bereits fast am Gipfelgrat. Es geht in einem Wechsel von Gehgelände und I weiter. 

 

Ein schöner Aufschwung auf einen Pfeiler zwischendurch (II). 

 

Tiefblick in die Südwand. 

 

Optisch ein echter Leckerbissen. Im oberen Bereich teils etwas schmäler, aber maximal II. 

 

Der Grat flacht ab. Im Dunst links die Unnütze, mittig das Vorkarwendel u.a. mit dem Juifen, rechts die Bayrischen Voralpen. 

   

Am Westgipfel (2.140m). Die 400 Höhenmeter am Westgrat sind in einer starken Stunde gut zu schaffen. 

 

Was für eine Stimmung am Berg! Im Vordergrund Vorder- (2.078m), Hoch- (2.075m) und Hinterunnütz (2.007m), dahinter die Silhouetten des Karwendel.

 

Nach ausgiebiger Gipfelrast folgt der spannende Übergang zum Hauptgipfel. Dazu sehr steil hinunter auf das von oben wild aussehende Grasband. 

 

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um vom Westgipfel zum Band abzusteigen - das hier ist mein Weg (II-).

 

Das Band selbst ist relativ flach und einfach begehbar - Trockenheit vorausgesetzt.

 

In atemberaubender Umgebung flaniert man zur kurzen Plattenstelle.

 

Ebendiese aus der Nähe betracht. Gute Tritte und daher deutlich einfacher als die Plattenquerung am Westgrat. 

 

Schwuppdiwupps, einen Rutscher sollte man aber auch hier tunlichst vermeiden.

 

Der Rest ist Formsache. 

 

Wie ich mir es von unten gedacht habe, dürfte dieser Bereich tatsächlich gangbar sein. 

 

Letzte einfache Kletterstellen (II-). 

 

Rückblick zum Westgipfel. Aus dieser Perspektive schaut der Übergang sehr gewagt aus.

 

Alleine am Guffert Hauptgipfel (2.194m), hat man an schönen Wochenendtagen auch nur zu früher oder vorgerückter Stunde. Alleine an diesem Tag hatten sich an die 20 Partien ins Gipfelbuch des Hauptgipfels eingetragen, am Westgipfel war außer mir niemand. 

 

Atemberaubend, wie die Karwendelgipfel aus dem Dunst herausragen. 

 

Blaue Stunde über dem Karwendel. Links Kaltwasserkarspitze (2.733m), mittig Birkkarspitze (2.749m) und rechts anschließend die Ödkarspitzen (2.745m), davor die Falkengruppe. 

 

Abstieg am Normalweg (T3+, versichert).

 

Die Guffert-Zwillinge, zwei lohnenswerte Kalkberge.

 

Abstieg über die brüchige und im Winter nicht ungefährliche Rinne. 

 

Jausenplatzerl der besseren Sorte. Den gerade noch erkennbaren Guffertstein (1.963m) schenke ich mir heute, wäre aber eine schöne Verlängerung zurück nach Steinberg. 

 

Nach dem schrofigen Rücken leitet der Steig wieder südwärts hinunter. 

 

Guffert-Südwände im Abendlicht. 

 

Sonnenuntergang über den Unnützen, die letzten paar 100 Höhenmeter im Laufschritt zurück nach Steinberg. 

 

Bei der Autofahrt retour Richtung Achensee präsentiert sich nochmals die prächtige Westseite des Guffert. Modetour wird der Westgrat aufgrund des langwierigen Latschen-Zustiegs nicht werden, in Summe ist die Überschreitung aber eine sehr lohnende Unternehmung. 

 


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Kommentare: 5
  • #1

    Anja und Hannes (Montag, 22 Oktober 2018 09:00)

    Hallo Jürgen,
    Gratulation zu deiner Tour!
    Schade, dass du deinen Beitrag erst gestern veröffentlicht hast. Wir hätten ein paar Tips gut brauchen können.
    Wir haben es gestern versucht, den Latschenkampf ganz gut überstanden, aber leider mussten wir an der plattigen Querung, mit dem Kommentar: "Genialer Fels, ich fand es leichter", schon umdrehen.
    Wir hatten zwar ein Seil für´n Notfall dabei, aber der oide Haken im Moos hat uns nicht überzeugt :-(
    Das Wetter war grausig und wir haben uns dann lieber für eine Umkehr entschieden.
    War ned einfach, weil uns wieder der Latschenkampf bevor stand.
    Aber nur a paar Fragen dazu, hattest du Kletterschuhe an? Und hast du an der oben genannten Stelle , nachdem man links rausquert einen Bohrhaken gesehen? Der Übergang zum Hauptgipfel ist wohl auch sehr ausgesetzt, kann man ihn absichern?
    Wir haben erst vor ein paar Wochen des Vordere Brandjoch Südgrat gemacht, der kam uns sehr einfach vor im Vergleich zum Guffert Westgrat. Naja, da müssma wohl no a bissal üben, aber Hut ab und in der Zeit!
    Viele Grüße aus Bayern

  • #2

    Jürgen (Montag, 22 Oktober 2018 10:23)

    Hallo ihr beiden,
    viele Fragen, die ich gerne beantworte:
    - den Grat nur bei guter Sicht und absoluter Trockenheit machen, die Latschen nochmal retour ist schon was für ganz Hartgesottene :)
    - der erwähnte plattige Aufschwung ist nach links auf schmalen Tritten auf einer teilweise moosbewachsenen Leiste gut zu meistern (erkannt man im unteren Bildteil), Haken habe ich keinen gesehen, erst weiter oben bei der plattigen Querung neben der Sportklettervariante, dort für mich die anspruchsvollste Stelle
    - ich nutze für sowas meine Zustiegsschuhe
    - der Übergang zum Hauptgipfel schaut wilder aus als er ist, de facto geht man am Band auf einem Steiglein dahin - 100% Trockenheit nötig; Absicherung nur sehr umständlich möglich
    - mir kam es eigentlich nicht so schnell vor, aber sowas ist bekanntlich subjektiv
    - Brandjoch-Süd ist in Summe weniger anspruchsvoll, am Guffert-West kann man vor allem im unteren Teil nur wenig Verschnaufen, aber auch das ist subjektiv
    Viel Spaß beim nächsten Versuch!
    Gruß

  • #3

    Almrausch (Donnerstag, 26 Mai 2022 17:47)

    Die Latschen sind mittlerweile ganz gut ausgeschnitten, wobei es vor dem Sattel etwas mühsam bleibt. Nach dem Sattel ist es recht problemlos. Diese erste Stelle etwas anspruchsvollere fand ich gut machbar, wer hier schon Probleme hat, sollte definitiv umkehren, somit war die Entscheidung absolut richtig. Die Plattenquerung war für mich einfach, weil mir mein Bergpartner die Hand gegeben hat :-). Bei der kleingriffige 3er bzw II+ Stelle mit dem Ringhaken habe ich mich am kurzen Seil nachsichern lassen, der Übergang zum Haupgipfel ist bei Trockenheit gut machbar und meiner Meinnung nach ist es kaum möglich bei der Platte zu sichern, da wir keine Haken gesehen haben. Trittsicherheit und Erfahrung vorausgesetzt, aber einfacher als die andere Platte bzw die kleingriffe Stelle. Der jeweils letzte Aufschwung vor den beiden Gipfel ist ein absoluter Genuss. Vorsicht nach der schwierigen Plattenquerung (Umgehung der Sportklettervariante) im steilen Schrofen Grasgelände der Nordseite lieber nah an den Latschen bleiben, hohe Steinschlaggefahr !

  • #4

    derMainzer (Montag, 20 Juni 2022 12:15)

    Griaß di Jürgen,

    nach dem Latschenköpfl ist der Latschenkampf eine einzige Quälerei. Wer kein GPS dabei hat, wird sich dort unweigerlich versteigen. So ist es mir am Samstag ergangen. Allerdings habe ich mich eine geschlagene Stunde durch das Dickicht durchgekämpft. Anfangs hatte ich noch die Spur, je mehr ich aber darin eingestiegen bin, umso undurchsichtiger wurde der Pfad. Ich bin weit oberhalb der Schuttrinne rausgekommen. Am Ende der Tour habe ich mich mit einem Einheimischen darüber unterhalten. Es gibt wohl doch einen alternativen Aufstieg zum Einstieg in den Westgrat. Angeblich führt dieser über eine Schuttrinne aufwärts zum Einstieg (Fixseil). Am Einstieg vom Fixseil habe ich direkt unterhalb der Wand eine ausgeschnittene Latschengasse gesehen, welche in Richtung der Schuttrinne führt. Von dort müsste wohl dann der Weg kommen. Eine Beschreibung aus dem Internet beschreibt diesen direkt von der Oberen Bergalm (kurz vor Steinberg) zunächst den Weg in Richtung der Issalm (Guffert Anstieg von Norden) und dann einer Wasserrinne direkt folgend zum Beginn des Grates, so müsste man wohl aufsteigen können. Das war auch die ungefähre Beschreibung des Einheimischen. Wäre schön, wenn dieser Pfad mal veröffentlicht werden würde. Die Kletterei am Westgrat ist sehr schön, allerdings doch kurz. Die Nase am Ende vom Westgipfel könnte man auch absteigen. Nach dem Latschenkampf mit der anschließenden Kletterei stand mir jedoch nicht mehr der Sinn danach. Weiterhin wünsche ich euch beiden schöne Touren.

    Pfiat di
    derMainzer

  • #5

    Harald (Sonntag, 16 Oktober 2022 21:33)

    Beim Übergang zum Hauptgipfel muss man nicht auf das Band absteigen. Man kann stets am Grat bleiben, und über die steil aussehende Kante abklettern oder abseilen. Dort ist ein Abseilstand mit einem Bohrhaken und zwei Ringen.