Wendelstein über Westgrat

1838 Meter

Bayrische Voralpen, Mangfallgebirge

3. Juni 2019

Autor: Jürgen

 

Beschreibung:

Von Geitau (771m) mit MTB zur Spitzingalm (1.237m), Raddepot. Aufwärts auf den Kamm zum Türkenköpfl (1.512m). Nordseitig abwärts und unterhalb der westlichen Gratabstürze Richtung Reindler Alm. Etwa 10m nach einer weiteren Wegverzweigung bei einem kleinen Holzpfahl auf Pfadspuren in die Latschen und zum nordseitigen Steilaufschwung. Durch die schrofige Steilwand zum Beginn des Westgrats, der aus drei schräg gestellten Rippen besteht. Die Rippen geht man jeweils aus, um an der oberen Ende zur nächsten Rippe hinüberzuqueren. Ausstieg bei der Besucherplattform und zuletzt hinauf zum Observatorium am Gipfel (1.838m). Abstieg zum Wendelsteinhaus (1.740m) und in der Südflanke retour zur Spitzingalm bzw. nach Geitau.

 

Schwierigkeitsgrad: schwierig (T5/II)

Unschwieriger Zustieg zum Türkenköpfl und weiter zur Nordwestseite des Wendelstein (T3). Der Aufschwung zum Westgrat besteht aus beinahe senkrechten, mit Fels durchzogenen Grasschrofen und ist sehr ausgesetzt (T5/II) - absolute Trockenheit erforderlich! Kletterei auf den Gratrippen oder seitlich davon bis II (direkt am Grat zumindest III), an einigen Stellen erschweren dichte Latschen das Fortkommen. Die dritte, oberste Gratrippe verläuft hoch über der Südwand. Abstieg am Normalweg unschwierig (T3). 

 

Dauer: 4:30 Stunden

Höhenmeter: 1.140 Meter

 

Parkplatz:

Geitau 

 

Einkehrmöglichkeiten:

Wendelsteinhaus

 

Landschaft: ********* (9/10)

Kondition:           ***** (5/10)

Anspruch:      ******** (8/10)



Imposanter Westgrat des aus massivem Wettersteinkalk bestehenden Wendelsteins in den östlichen Bayrischen Voralpen. Die rassige Tour über die Gratrippen geht abrupt in den Trubel an der Besucherplattform nahe des Observatoriums über.

 

Ich starte etwas abseits des Trubels in Geitau (771m), ein paar Kilometer westlich von Bayrischzell.

 

Die ersten 450 Höhenmeter lege ich mit dem Bike zurück. 

 

Unter der Woche treffe ich hier keine Menschenseele, auf den Steilstücken schnaufe ich aber für zwei. Vorne die felsige Kirchwand (1.479m). 

 

Auffahrt zur Spitzingalm.

 

Wo mich der Gipfelaufbau erstmals beeindruckt. Der Wendelstein ist aufgrund seiner wuchtigen Form tatsächlich ein Unikum in den Bayrischen Voralpen.

 

Raddepot an der Spitzingalm (1.237m), dahinter die Kuppe der Spitzingscheibe (1.270m). Nochmals dahinter links der Seebergkopf (1.538m), rechts die schneebedeckten Nordseiten von Rotwand (1.884m) und Hochmiesing (1.883m). 

 

Zu Fuß auf schönem Steig hinauf auf den Kamm.

 

Ein herrlicher Blick nach Norden tut sich auf: vorne die Elbachalm, ganz rechts die Haidwand (1.584m), im Mittelgrund der Farrenpoint (1.274m, was für ein Bergname!), am Horizont die Weite des Bayrischen Alpenvorlandes.

 

Erstes Gipfelkreuz in Sicht. 

 

Traumhafte erste 700 Höhenmeter bis zur ersten Zwischenetappe, dem Türkenköpfl (1.512m). Im Westen grüßen Schweinsberg (1.512m, nicht minder prächtiger Name), Breitenstein (1.622m) und - namensmässig mein Favorit und ganz knapp nicht im Bild - der Rührkübel (1.410m).  

 

Westprofil des Wendelstein, die Route verläuft ziemlich genau an der Grenzlinie zwischen felsiger Südwand und latschiger Nord(west)seite. Wie sich herausstellt, ist das Hauptkriterium aber der nordseitige Zustieg im unteren Drittel. 

 

Der Steig führt zuerst vom Kamm hinab auf die Nordseite, dort Anfang Juni noch erkleckliche Schneereste. Die beiden Burschen habe ich später auf der sonnigen Südseite wieder getroffen, sie sind aber den Normalweg und nicht den Westgrat rauf.

 

Hat was vom Guffert Westgrat, der Kalk schaut genauso schön aus.

 

Nach dem Schneeintermezzo wieder trockenen Fußes rund um den Westansatz des Gipfelaufbaus, etwa 10m nach einer Abzweigung (links Wirtsalm, rechts Brannenburg) taucht ein unscheinbarer Holzpflock auf - da rechts rein.

 

Ein paar Latschengassen später taucht die Nordseite auf, Zustieg bei mir über ein relativ steiles Schneefeld.

 

Dank Grödel gut rauf zum Felsgelände.

 

So, erst mal orientieren, es gibt einige informative Berichte zur besten Routenführung. Vorerst mehr Gras als Fels. Obwohl das Gelände durch eine seichtere Rinne eher nach links verleitet ...

 

... besser rechts Richtung Steilaufschwung halten. Nordseitig noch etwas Schnee in der Steilflanke, die Querung des oberen Feldes war nicht zu unterschätzen.

 

Endlich am Fels. Die unteren Partien gut kletterbar (II-), Steigspuren erleichtern die Orientierung. 

 

Dann folgen 50 unangenehm steile, erdig-grasige, bröslige Höhenmeter, teilweise rutschig und alles richtig luftig. Phasenweise dienen Grasbüschel als Griffe und Tritte. Vom Gelände her nicht mehr als II, aber ich hätte mir etwas mehr stabilen Fels gewünscht. Diese Passage nur bei absoluter Trockenheit und nicht im Abstieg begehen!

 

Ausstieg nach rechts, endlich wieder im Fels.

 

Die Zustiegsflanke im Rückblick. Alle Berichte, die ich im Vorfeld gelesen habe, dokumentieren den Ausstieg bei der im vorigen Bild abgelichteten kleinen Scharte, es ist aber nicht auszuschließen, dass es im unteren Teil lohnendere Linienführungen gibt.

 

Über ein Grasband auf die Sonnseite. 

 

Damit ist der Zustieg zum unteren Ende des Westgrats geschafft. Rückblick zum Türkenköpfl und die vorhin gequerten nordseitigen Schneefelder. Super Tag heute, im Urlaub nimmt man gerne einmal weitere Anfahrten in Kauf, um neue Gebiete zu erkunden.

 

Übergang von der Pflicht zur Kür, die erste Gratrippe beginnt mit schönem Fels. Oben links erblickt man bereits den Sendemasten am Gipfel, es sind aber noch ca. 200 Höhenmeter.

 

Hier wird deutlich, dass der Westgrat aus mehreren parallelen, übereinander verlaufenden Gratrippen besteht. Die erste Rippe hat schöne, einfache Kraxelei, die Latschen sind nicht hinderlich.

 

Kleiner Gratturm (II).

 

Recht rasch verläuft sich die erste Rippe und ich steige durch Schrofen rüber zum Ansatz der zweiten.

 

Direkt nach Beginn der zweiten Rippe wartet schwierigeres Gelände (III), bin etwas links davon ausgewichen.

 

Ob das soviel einfacher war, darüber lässt sich streiten. Auch hier phasenweise recht luftig und grasig, dankbar gab ich der einen oder anderen Latsche die Hand. Rechts unten die erste Rippe.

 

Wenn man das hier sieht, ist man schon zu lange auf der zweiten Rippe unterwegs. Je weiter man auf dieser nach oben kommt, desto dichter wird das Latschendickicht. Besser vorher schon in eine kleine Rinne absteigen.

 

Da ich die Abstiegsmöglichkeit nach rechts verpasse, darf ich mich noch einige Meter durch Latschen kämpfen. Oben bereits die nächste Querung hinüber zur dritten Rippe. 

 

In der Querung, Rückblick auf die zweite Rippe.

 

Obacht, hier bricht die Südwand ab.

 

Man hat die Wahl: entweder weiter links, dann mehr Latschen aber weniger ausgesetzt... 

 

... oder weiter rechts, dann Fels aber streckenweise stark ausgesetzt.

 

Tolle Kletterstellen.

 

An manchen Stellen gehobener Schwierigkeitsgrad, Umgehung links möglich.

 

Schaut latschiger aus, als es ist.

 

Kurz vor dem Ende Blick hinunter zur Gipfelstation der Seilbahn und zum Wendelsteinhaus.

 

Absurde Erfahrung: Ausstieg direkt bei der Besucherplattform, ein herzhaftes Servus wird durch ein überraschtes "wo kommen Sie denn her?" erwidert.

 

Vom ausgesetzten IIer-Klettern auf den Gipfelweg mit Zaunbegleitung.

 

Wendelstein (1.838m) - das arme Gipfelkreuz ist zwischen den Plattformen eingezwängt. Der Ausblick ist aber in der Tat in alle Richtungen bemerkenswert.

 

Observatorium und diverse Sendeanlagen.

 

Nicht das einzige Pärchen hier.

 

Abstieg von diesem malträtierten Berg.

 

100 Höhenmeter tiefer beim Wendelsteinhaus (1.740m).

 

  

Wendelstein-Kapelle.

 

Die von Brannenburg heraufführende Zahnradbahn.

 

Blick nach Osten zum Kaiser.

 

Nach so vielen verwirrenden Eindrücken habe ich Schwierigkeiten, die richtige Route zu finden. Ziel ist jedenfalls mein Raddepot bei der Spitzingalm, genau mittig zwischen den beiden Schildern. Im Laufschritt nimmt der Weg dann kaum eine halbe Stunde in Anspruch.

  

Blick hinauf in die Wendelstein-Südwand.  

 

Rasch ist es vorbei mit dem Trubel, bis auf die zwei Burschen treffe ich hier niemanden. Wo ich beim Zustieg oben am Kamm drüber bin, quere ich jetzt etwas unterhalb retour.

 

Frühsommer in den Bayrischen Voralpen.

 

Gleich beim Bike. 

 

Schlier- und Tegernsee sind nicht weit, liegen aber verdeckt hinter den bewaldeten Bergrücken.

 

Für die Abfahrt wähle ich den Weg unterhalb der Kirchwand an der Riederalm vorbei. Aufgrund der Steilheit für die Auffahrt wenig ratsam.

 

Vor Fischbachau scharf links. 

 

Mit bayrischer Gemütlichkeit rolle ich zurück nach Geitau. Schöne Gegend, in der wir bisher noch nicht waren, und sehr interessante Tour obendrein! 

 


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