Punta Penia (Marmolada)

3343 Meter

Marmolata-Gruppe / Dolomiten

10. August 2019

Autor: Jürgen

 

Beschreibung:

Gletscherfreier Südanstieg auf den höchsten Gipfel der Dolomiten: von Alba im hinteren Fassatal (1.527m) mit Bike auf dem steilen Karrenweg hinauf in das Val de Contrin und durch das schöne Hochtal zum Rif. Contrin (2.016m), Raddepot. Vor den eindrucksvollen Südwänden von Marmolada und Gran Vernel hinauf bis unter die Forcella Marmolada (2.896m). Einstieg in den Klettersteig am mächtigen Westgrat (Via ferrata della Marmolada, 'Hans-Seyffert-Weg', Infos und Topo hier), über mehrere Felsstufen zur breiten Firnkuppe und zum Gipfel (Punta Penia, 3.343m). Abstieg wie Aufstieg.

 

Schwierigkeitsgrad: mittelschwierig (T3 bzw. B/C). Teilweise sehr steile Auffahrt mit dem MTB zum Rif. Contrin. Weiterer Weg bis unter die Scharte wenig schwierig (T3). Der schwierigste Teil ist die versicherte Passage unterhalb der Scharte (B/C, ausgesetzt). Westgrat-Klettersteig bis max. B, Trockenheit unbedingt empfehlenswert. 

  

Dauer: 7:00 Stunden

Höhenmeter: 1.830 Meter

 

Parkplatz:

Bergbahnen in Alba.

 

Einkehrmöglichkeiten:

Rif. Contrin
 

Landschaft:  ********** (10/10)

Kondition:         ******* (7/10)

Anspruch:            ****** (6/10)



Auf der berühmten Marmolada, genauer der Punta Penia (3.343m), dem höchsten Gipfel der Dolomiten. Ich habe meine Füße lieber am Fels als auf Gletschereis, daher habe ich mir die landschaftlich ungemein schöne Route von Süden aus dem Fassatal und durch das Val de Contrin ausgesucht.

 

6:00 morgens, Alba im Fassatal (1.527m). Am teilweise erklecklich steilen Forstweg, eine ausgeschilderte MTB-Route, überwinde ich mit meinem Drahtesel die erste Steilstufe.

 

Langkofel im Morgenlicht.

 

Gut gewärmt folgt eine gemütliche Rollpassage durch das Contrin-Hochtal.

 

Vorbei an einer Alm, noch nicht das Rif. Contrin.

 

Blick hinauf zum Col Ombert (2.670m) in der südlichen Marmolata-Gruppe. Übrigens: Marmolata = deutsch, Marmolada = italienisch, Marmoleda = ladinisch.

 

Grobschottrig und steil = Schieben.

 

Ca. 1:15h brauche ich bis zum Rif. Contrin (2.016m).

 

Ich schmeiße mein Rad ins Gebüsch, dann steht mir erst einmal der Mund offen. Was für eine Landschaft! In Bildmitte die Forcella Marmolada, die Scharte beim Einstieg zum Westgrat der Marmolada. Die Marmolada ist der massive Bergstock rechts der Bildmitte, mit der Punta Penia als höchstem Punkt.

 

Früher morgen, wie so oft bin ich, obwohl ich aus dem Tal gestartet bin, noch vor den Hüttenschläfern am Weg. Es sind etwa 850 Höhenmeter hinauf zur Scharte auf Weg 606.

 

Rechterhand zweigt der Weg zum Ombrettapass ab. Von dort wäre es nicht weit zur berühmten Kletterroute "Weg durch den Fisch" durch die Marmolada-Südwand, die H. J. Auer 2007 erstmals free-solo begangen hat.

 

Blick nach Südwesten zu eher unbekannteren Gipfeln in der Marmolata-Gruppe.

 

In gigantischer Weise türmt sich die Südwand des Gran Vernel (3.210m) vor mir auf. Der Weg wird steiler.

 

Ein Rudel junger Steinböcke.

  

An der Vernel-Südwand angelangt. Steinschlag konnte ich keinen wahrnehmen, der mächtige Brocken mahnt aber zur Vorsicht.

  

Steil hinauf zur Scharte.

 

Ein guter Bekannter von mir, der Cima dell'Uomo (3.010m) grüßt herüber. Dieser Teil der Marmolata-Gruppe ist nicht minder schön, scheint mir aber etwas weniger überlaufen zu sein als der Rest der Dolomiten.

 

Nicht ganz 3h nach meinem Aufbruch in Alba ist es Zeit für das Klettersteig-Set. Die ersten kaum 50 Meter hinauf zur Scharte sind auch die vergleichsweise schwierigsten (B/C) des gesamten dann folgenden Westgrats.

 

In der Scharte (Forcella Marmolada, 2.876m), jetzt wechselt der Blick auf ... 

  

... die Nordseite. Atemberaubendes Panorama! Unten der einzig größere Dolomiten-Gletscher (Ghiacciaio della Marmolada), wo bereits mehrere Partien zu sehen sind, die vom Fedaia-Stausee kommen und auch den Westgrat ansteuern.

 

Gut erhaltene Stellung aus dem 1. Weltkrieg, reinschauen lohnt sich nicht (=Mistkübel).

 

Weiter auf dem Westgrat. Die ersten Meter recht feucht und rutschig.

 

Gut versichert, bei Trockenheit ohne besondere Schwierigkeiten.

 

Sehenswert der südliche Abbruch des Picol Vernel, rechts dahinter der Gran Vernel. Soweit ich gelesen habe ist der Anstieg III.

 

Jetzt folgt der interessante Teil am Westgrat. Auf Drahtstiften hinaus in die steile, glatte Nordflanke ...

 

... und steil aufwärts. 

 

Rückblick auf den ersten Aufschwung. Wie gesagt bei Trockenheit unkritisch, bei Schnee bzw. Vereisung kann es in dem Gelände schnell sehr, sehr ungemütlich werden.

 

Im Westen der Rosengarten: ganz links außen die Rotwand (2.826m), mittig die Rosengartenspitze (2.981m) und ganz rechts außen der Kesselkogel (3.004m), von dem ich wenige Tage später die senkrecht abfallende Marmolada-Südwand bewundern durfte.

 

Auf den langen Fixseilstrecken ist es gar nicht so leicht, größere Gruppe zu überholen. Später werde ich davon noch ein Lied trällern können.

 

Das Spiel wiederholt sich: links hinaus in die Flanke.

 

Zwischendurch den Langkofel bewundert.

 

Und wieder hinauf auf den Grat zu einer geräumigen Schulter. Von hier ein Wahnsinns-Einblick in die Südwand und in die südlichen Dolomiten.

 

Ab hier bleibt man auf dem Westgrat. 

  

Die vielen Höhenmeter beginnen sich bemerkbar zu machen. Mächtig bäumt sich eine weitere Gratstufe auf, dahinter zeigt sich bereits die Firnkuppe unterhalb des Gipfels.

 

Toll schaut sie aus, die Gipfelpyramide des Piz Boé (3.152m) in der Sella-Gruppe, bekannt als leichtester Dreitausender der Dolomiten mit seiner kleinen Schutzhütte am Gipfel. Genau dahinter zeichnet sich die über 60 Kilometer entfernte Silhouette des Hochfeilers (3.510m) ab, seinerseits höchster Gipfel der Zillertaler Alpen. Östlich davon der auf der Südseite kaum mehr vergletscherte Zillertaler Hauptkamm u.a. mit Großem Möseler (3.480m) und Turnerkamp (3.420m).

 

Nun wird auch der Fedaia-Stausee sichtbar, mit 2.053m der deutlich höhere gelegene, übliche Ausgangspunkt für Touren auf die Marmolada.

 

Bei guten Verhältnissen wie heute kann man sich beim Westgratanstieg Steigeisen und Pickel sparen, es ist rechts des Firns genug Platz für trockene Füße.

 

Im Nordosten viele berühmte Dolomitenstöcke, müßig sie alle aufzuzählen. 

 

Hubschrauber im Anflug, der zwei Bergsteiger direkt neben der Gipfelbaracke absetzt?!

 

Egal, Ankunft bei der Punta Penia, mit 3.343m der höchste Gipfel des Marmolada-Massivs! Zur besten Uhrzeit, knapp nach 10 Uhr, darf ich für eine halbe Stunde völlig allein den unglaublichen Rundblick beim Gipfelkreuz genießen.  

 

Nun live und in Farbe die Erklärung, warum der Weg hinüber zur Punta Rocca (3.309m) mit seiner Bergstation kein Spaziergang ist, schaut nach einem ambitionierten Grat aus. Im Hintergrund von links nach rechts - jetzt zähle ich sie doch auf:  Tofana di Rozes (3.225m), Monte Cristallo (3.221m), Punta Sorapiss (3.205m), Monte Antelao (3.264m), Monte Pelmo (3.168m) und Monte Civetta (3.220m). Ein Traum!

 

Im Südosten spannt sich der Bogen von der Civetta über die etwas niedrigere Schiara-Gruppe (Belluneser Dolomiten) zu den venetischen Voralpen. Die Adria sollte bei ganz klarer Sicht zu sehen sein, heute nicht. Rechts schließt die Pala-Gruppe an.

 

Hier will man eigentlich gar nicht weg. Aber langsam kommen sie doch, die größeren Gruppen.

 

Wie die Ameisen kommen sie daher. Hier auf dem direkten nördlichen Zustieg, der für die Westgratgeher die übliche Abstiegsroute ist.

 

Wer will kann in der kleinen Schutzhütte keine 50m vom Gipfel entfernt einen Espresso trinken, vielleicht brachte der Hubi gerade Nachschub.

 

Brrr, wie man durch solche Wände steigen kann wird sich mir nie erschließen. Alleine der Gedanke an 'free-solo' lässt mir das Blut in den Adern gefrieren.

 

Als Karwendel-Wanderer ist man in der Regel ja ein "Südwand"-Gesicht und hält sich von den senkrechten Nordwänden fern. Auf der Marmolada halte ich es lieber umgekehrt.

 

Fast 1 Stunde habe ich das Gipfelglück genossen, hat man auch nicht alle Tage. Da ich aber am frühen Nachmittag schon wieder am See liegen möchte, geht's flott über den Anstiegsweg wieder runter.

 

Ein Tag, der mir in Erinnerung bleiben wird.

 

Beim Weg zum Westgrat keinesfalls dazu verleiten lassen, das Firnfeld nach Norden abzusteigen.

 

Da muss ich wieder runter. Halblinks im Tal die große Wiese beim Rif. Contrin.

 

Flott, naja, zumindest so flott, wie man "gegen den Strom" auf einem Klettersteig halt vorankommt.

 

Auch Richtung Westgrat kommen sie über den Gletscher in großen Gruppen daher.

 

Nur nicht stressen lassen. 

  

Auf den glattten Platten muss man im Abstieg schon aufpassen und die Aufsteigenden haben Vortritt. Was ich beim Warten alles für windige Klettersteig-Sets, oder imitierende Nachbauten davon, zu sehen bekomme, ist ein Thema für sich.

 

Warten - steigen - warten. Fast eine Dreiviertelstunde brauche ich für die 500 Höhenmeter Abstieg am Klettersteig. So gesehen ja eh nicht so langsam, aber das gelegentliche Warten ist halt der Preis wenn man zur besten Sommerferienzeit gletscherfrei auf den höchsten Dolomitengipfel will.

 

Auf den anspruchsvolleren Metern hinab auf die Südseite war dann schlagartig wieder Ruhe im Karton.

 

Entlang der Südwände runter, im Sonnenlicht noch beeindruckender.

 

Teilweise kann man den Schotter gut zum Abfahren nutzen, danach wieder ins Grüne. Auch der Rückweg zum Rif. Contrin fällt unter die Kategorie "besonders schön".

 

Schon wieder kurz vor der Hütte.

 

Marmolada-Südwand im Zoom.

 

Selten ein schöneres Bikedepot in einer so famosen Kulisse gehabt.

 

Der Rest ist die steile, teils grobschottrige Abfahrt vorbei durch das Val de Contrin zurück nach Alba. Mit der Marmolada habe ich mir ein lang gehegtes Ziel erfüllt, viel besser konnte ich die Verhältnisse auch nicht erwischen. Der Zustieg von Süden ist zwar lang, aber landschaftlich eine solche Wucht, dass ich diese Route jedem nur ans Herzen legen kann.

 


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