Karkopf & Hochwand

(Überschreitung von der Niederen Munde)

2489 / 2719 Meter

Mieminger Kette

28. Juni 2020

Autor: Jürgen

 

Beschreibung:

Überschreitung von Karkopf und Hochwand über die jeweiligen Ostgrate: Strassberg (1.130m) - Niedere Munde (2.059m) - Karkopf über Ostgrat (2.489m) - Hochwand über Ostgrat (2.719m) - Abstieg über Südflanke zum Wetterkreuz (1.920m) - Neue Alplhütte (1.504m) - Strassberghaus (1.191m) und retour.

 

Sowohl Karkopf als auch Hochwand sind auch über Steige in ihrer Südflanke erschlossen und somit für Wanderer erreichbar. Die Hochwand erfordert aber in jedem Fall den trittsicheren Ersteiger.

 

Schwierigkeitsgrad: sehr schwierig (T5/III)

Auf einfachen Steigen zur Niederen Munde (T2) und weiter am anfangs noch breiten Rücken zum Kleinen Karkopf (T3). Steilaufschwung am Ostgrat ausgesetzt, Stelle III. Am langen Grat zwischen Karkopf und Hochwand mehrere Stellen II, viel I bzw. Gehgelände, der erste Riss nach der tiefen Scharte III.

 

Dauer: 7:30 Stunden

Höhenmeter: ca. 1.800 Meter

 

Parkplatz:

Strassberg.

 

Einkehrmöglichkeiten:

Neue Alplhütte / Strassberghaus.

 

Landschaft:  ********** (10/10)

Kondition:        ******** (8/10)

Anspruch:         ******** (8/10)



Am Ostgrat der Hochwand mit Blick über den östlichen Teil der Mieminger Kette und das Inntal.

 

Das heftige Gewitter am Vorabend hinterließ viel Nässe. In der Morgensonne trocknen die Felsregionen rasch ab und Karkopf (rechts) und Hochwand (links) machen schon um 6 Uhr früh eine sehr gute Figur. Ich starte unterhalb des Strassberghauses und visiere den Steig hinauf zur Niederen Munde an.

 

Hochnebel über dem Inntal, fantastische Morgenstimmung.

 

Die erste Stunde vergeht im Nu, hier bereits schon fast auf Höhe des Einstiegs zum Klettersteig. Gut einsehbar auch der steile Aufschwung am Karkopf-Ostgrat, der im AVF als II bewertet wird. Aus Erfahrung sind diese Bewertungen eher mit Vorsicht zu genießen, andere Berichte sprechen eher von III. 

 

What a day - what a view!

 

Kurz vor der Niederen Munde (2.059m). Ich habe etwas aufs Tempo geschaut, weil für den frühen Nachmittag schon die nächsten Gewitter angekündigt waren und die Gratstrecke nicht die Kürzeste ist.

 

Herrliche Momente im Angesicht der von West und Ost leicht erreichbaren Hohen Munde (2.662m). Erheblich schwieriger da schon die Kletterrouten von Nord und Süd.

 

Der Ostgrat des Karkopf ist anfangs noch ein breiter Rücken mit Karstgelände. Rechts hinten nun erstmals die Hochwand, mein Tagesziel. In Summe geht es dann schneller als gedacht: 1h zum Karkopf, und von dort nochmals 2h zur Hochwand.

 

Doch der Reihe nach, wir wollen doch keinen Stress am Berg. Im Norden das Gaistal und das Zugspitzmassiv.

 

Ich erreiche den Kleinen Karkopf (2.241m), ab hier beginnt die Kletterei.

  

Erste Felspartien, teilweise überlappend mit dem Klettersteig. Achtung Stolpergefahr.

  

Wui, der Ostgrat zieht ziemlich straff nach oben, noch sind aber keine Details erkennbar.

 

Der Klettersteig biegt nach links ab in die Südwand. Der Freikletterer hält sich halbrechts in den Schrofen, dann steil links nach oben zur Gratkante.

 

Ab hier ernstes Gelände, wobei es nach unten geblickt immer wüster aussieht als umgekehrt. 110% Trittsicherheit, klettertechnisch kaum II.

 

Nach links zur Gratkante. Hier bin ich intuitiv auf der Rippe in Bildmitte geblieben, von oben habe ich dann einen Steinmann links unterhalb gesehen.

 

Ich bin von links über die steile Rippe gekommen, wenige Meter unterhalb der schwer erkennbare Steinmann den man über die Schrofen erreichen würde. Zugegeben: sehr exponiert hier. Man dreht sich dann um und nimmt bei guten Griffen und Tritten die IIIer Stelle (vielleicht auch weniger, mir ist im Nachgang primär die Ausgesetztheit in Erinnerung; und, dass der oberste Griff etwas locker war).

 

Darüber flacht der Grat ab (letzte Stellen I/II) und von links kommt wieder der Klettersteig aus der Südwand herauf.

 

Ausstieg Klettersteig, es soll ja auch Leute geben die diesen absteigen.

 

Gehgelände herüber zum ... 

 

... Karkopf (2.469m). Punkt 9:00 Uhr, der Talnebel lichtet sich, ein wunderbarer Bergtag. 

 

Bis zum Karkopf hat man zwar mehr als die Hälfte der Gratstrecke zwischen Niederer Munde und Hochwand geschafft, der vor mir liegende Grat zur Hochwand überwindet aber mehr Höhenmeter und es ist etwa mit der doppelten Zeit zu rechnen.

 

Vor allem weil es wenige Meter hinter dem Gipfelkreuz an die 70 Meter abwärts geht.

 

Ganz oben brüchig, dann sehr guter Fels beim steilen nordseitigen Abstieg (II). Für diese Passage war ich auf Restschnee eingestellt, erwies sich aber als trocken und genussvoll.

 

So muss Bewegung in den Bergen für mich sein. Schritt für Schritt, Tritt für Tritt, runde Bewegungen im Fels, man vergisst die Zeit.

 

Auch diese Passagen lösen sich gut auf (max. II).

Nach einer Viertelstunde bin ich in der Scharte, gleichsam der Tiefpunkt der Gratüberschreitung zwischen Karkopf und Hochwand.

 

Es naht sogleich die schwierigste Kletterstelle des Grats, der Riss in Bildmitte hinauf auf den nächsten Felskopf (III). Das untere Drittel leicht ausgesetzt (erinnert an den Einstieg am Ostgrat der Fiechter Spitze), in der Mitte ein feines Podest, im oberen Drittel mit etwas Kraftaufwand hinaus zum Steinmann.

  

In weiterer Folge herrliches Kraxeln ohne erhöhte Brisanz. 

 

Gefolgt von Gehgelände.

 

Bei den nächsten sich auftürmenden Felsköpfen auf Reibung hinaus in die Südflanke. Je mehr man nach oben steigt, desto brüchiger wird die Kraxelei. 

 

Tilfuss- und Gaistalalm, das Grün in markantem Gegensatz zum Grau des Grates.

 

In dieser Tonart geht es weiter: Gehgelände, Aufschwung, Gehgelände, Aufschwung.

 

Nach etwa einer Stunde ist man höher als der Karkopf. Noch rund 200 Höhenmeter zur Hochwand.

 

Markanter Gipfelaufbau der Hochwand. Ich erinnere mich an die Fotos der winterlichen Extremsteilabfahrten durch die Nordwand.

 

Ich bleibe da lieber am Grat. Abklettern in eine schmale Scharte.

 

Gegenüber ist erstmals etwas Hirnschmalz gefragt. Als einzige logische Möglichkeit bietet sich das podestartige Band etwas rechts der Bildmitte an, an dessen Ende einfach zurück zum Grat.

 

Rückblick auf diesen schönen Übergang.

 

Aufschwung rechterhand durch ein etwas griffarmes Wandl (II).

 

Und nordseitig auf die Grathöhe. Nach längerer Zeit am Grat gewöhnt man sich meist an die Ausgesetztheit, die sich zwischen Karkopf und Hochwand aber insgesamt in Grenzen hält.

 

Nächster Gratkopf, am besten nutzt man hier die strukturierte Randzone rechts.

 

Die letzte Passage bleibt man meist an der Gratkante (I-II). 

 

Am Ostrand des Hochwand-Gipfelgrats angelangt.

 

Bis zum Hauptgipfel sind es noch rd. 15 Minuten. 

 

Ein Gipfel in der Mieminger Kette - immer etwas Besonderes.

  

Mit kurzer südseitiger Umgehung, bis max. II-, aber brüchig.

 

Hochwand Hauptgipfel, 2.719m. Da sich die Quellungen um 11 Uhr in Grenzen halten, lege ich noch eine Pause ein.

 

Ja es gibt sie, die Überschreiter der Mieminger Kette. Nächster Halt von hier Richtung Westen: die Alplscharte und der Ostgrat zum Hochplattig.

 

Für mich heißt es heute aber: Abstieg durch die Südflanke. Gut markiert, aber kein klassischer Wanderweg, wie auch schon bei unserer damaligen Begehung der Hochwand dokumentiert.

 

Abschüssiges Gelände, immer wieder braucht es die Hände (I).

 

Drüben der Karkopf und die Scharte im Grat zur Hochwand. 

 

Übergang vom Fels in die Graszone. Gute Sicht und Trockenheit sind für die Hochwand anzuraten.

 

Symbiotische Linienführung.

 

Immer wieder inspiziere ich den Hochplattig-Ostgrat. Lt. AVF III, aber was heisst das schon, wenn der Karkopf-Ostgrat auch nur mit II bewertet ist.

 

Die schräg abfallende, schrofige Steilstufe ist neuerdings mit einem Seil entschärft. 

 

Die Tiere suchen sich ein kühlendes Plätzchen.

 

Beim Wetterkreuz (1.920m). Die Temperatur kombiniert mit der hohen Luftfeuchtigkeit war unter 2.000m schon richtig unangenehm.

 

Immer wieder die fotogene Munde.

 

Das Alpl mit den Judenköpfen

 

Bei gefühlten 35° auf der Almwiese unterhalb der Toten Wand. Von hier sieht der Ostgrat des Hochplattig stark zerklüftet aus. Selbst der Zugang zur Alplscharte dürfte nicht ganz einfach sein.

 

Neue Alplhütte (1.504m). 

 

Der Fußmarsch hinunter zum Strassberghaus bleibt mir nicht erspart. Immerhin ließen die Gewitter auf sich warten und ich konnte gemütlich austraben.

 

Beim Strassberghaus ein letzter Blick hinauf zum Karkopf. Eine miemingertypische Tour: vielfältig, kontrastreich, genussvoll. Mittlerweile habe ich mit zwei Ausnahmen (Grünstein West/Ost sowie die Mitterspitzen) die "einfacheren" (als II klassifizierten) Grate in der Miemingern alle begangen, ob ich die IIIer Girlanden angehe werde ich behutsam versuchen herauszufinden.

 


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Kommentare: 3
  • #1

    Jens (Donnerstag, 16 Juli 2020 16:53)

    Eine lässige Tour. Mir hat der Ostgrat des Karkopfs super gut gefallen. Der Abstieg in die Scharte zwischen Karkopf und Hochwand empfand ich als nicht so toll - lag vielleicht auch daran, dass ich ei wenig viel im Gipfelbuch des Karkopf gelesen hatte ...

  • #2

    Jürgen (Freitag, 17 Juli 2020 15:02)

    Servus Jens, vielen Dank! Darf ich fragen was man so im GB über den westl. Abstieg liest, habe ähnliches schon einmal bei einem anderen Bericht wahrgenommen? Die praktischen Schwierigkeiten sind ja vergleichsweise überschaubar, sofern der nordseitige Teil trocken ist.
    Gruß

  • #3

    Jens (Samstag, 18 Juli 2020 11:44)

    Servus Jürgen, es ist ja schon ein paar Jahr her. In dem Gipfelbuch standen viele Schicksale von in den Bergen verunglückten (lokalen) Personen. Irgendwie war das sehr bewegend für mich, so dass ich den Abstieg in die Scharte abgebrochen habe. Am Wetterkreuz war es noch früh, also bin ich dann (mit ein wenig Abstand zu den bewegenden Gedanken) noch zur Hochwand hochgelaufen ...
    Grüße