Cima Grosté - Cima Falkner - Cima Sella

2898 / 2988 / 2916 Meter

Brenta Dolomiten

18. August 2019

Autor: Jürgen

 

Beschreibung:

Überschreitung mehrerer Gipfel in der nördlichen Brenta-Gruppe, entlang bzw. oberhalb des Sentiero Alfredo Benini, einem Abschnitt des Bocchette-Klettersteigs: mit der Seilbahn von Madonna di Campglio zum Grosté-Pass (2.442m). Am Weg Nr. 305 südwärts, nach einer Senke weg vom offiziellen Steig und durch die Nordflanke auf die Cima Grosté (2.898m). Abstieg über eine steile Felsrinne in die Bocchetta Alta dei Camosci zum Klettersteig. Diesem über ein Band in der Ostflanke des Campanile dei Camosci folgend zum höchsten Punkt. Kurz nach einer Tafel rechts weg und über eine breite Rinne zur Cima Falkner (2.988m). Rinne wieder runter, am Klettersteig steil abwärts und abermals auf Bändern durch die Ostflanke zur Bocca di Vallesinella. Anstatt abzusteigen, nehmen wir zuerst einen lt. Karte namenlosen Gipfel und dann über steile Felsstufen noch die Cima Sella mit (2.916m). Abstieg zum Gletscher (Vedretta di Vallesinella Superiori) und über Weg Nr. 315 (Dallagiacoma) zum Rif. Tuckett (2.270m). Am westlichen Fuß der Gipfelkette mit einigen Gegenanstiegen zurück zum Grosté-Pass.

 

Schwierigkeitsgrad: sehr schwierig (II+), Sent. Benini mittelschwierig (B)

Der Sent. Benini ist bestens markiert und versichert und es warten keine größeren Schwierigkeiten (B). Die kaum markierten, teils weglosen Zustiege zu den Gipfeln sind etwas herausfordernder: Cima Grosté II, Cima Falkner I und Cima Sella II+. 

 

Dauer: 5:15 Stunden

Höhenmeter: 930 Meter (mit Seilbahnunterstützung)

 

Parkplatz:

Grosté-Bahn oberhalb von Madonna di Campligio (5€).  

 

Einkehrmöglichkeiten:

Rif. Tuckett

Rif. Stoppani

 

Landschaft:  ********** (10/10)

Kondition:              ***** (5/10)

Anspruch:           ******* (7/10)



Ein Höhepunkt jedes Hikalife-Bergjahres: der Besuch der atemberaubenden Brenta im Trentino. Nach den Touren auf die Cima Brenta (3.152m) und der Cima Tosa (3.134m) haben wir uns für heuer ein paar weniger prominente Gipfel am nördlichen Teil des berühmten Bocchette-Wegs ausgesucht. 

 

Die Planung für einen guten Brenta-Tag verlangt ein Gefühl für die richtigen Bedingungen, sonst schaut man spätestens am mittleren Vormittag in den berüchtigten "Brenta-Nebel". Heute herrscht eine kühle, aber sehr trockene Nordströmung vor. Von Madonna di Campiglio nehmen wir die Grosté-Bahn und fahren ganz rauf zur Passhöhe (2.442m). 

 

Es hat mich einiges an Überzeugungsarbeit gekostet, Elli zum Mitfahren zu bewegen ("Aufstehen? Um halb 6?? Wegen einem Berg???"). Jetzt stehen wir auf der Passhöhe im zapfigen Nordwind - zum Glück wurde es aber relativ rasch ein warmer Bergtag. 

 

Zu zweit schlendern wir in Richtung Nordflanke der Cima Grosté, meinem ersten Ziel. Wir verabschieden uns und vereinbaren ein Treffen beim Rifugio Tuckett. Ich also oben drüber, sie rechts auf dem Wanderweg. 

 

Bei einer roten Markierung verlasse ich den Sentiero Benini, noch bevor dieser in einen Klettersteig übergeht. Ich nehme die Felsstufen hinauf zum Cima Grosté. 

 

Der raue, irrsinnig stabile Hauptdolomit der Brenta-Berge sorgt für ein ganz besonderes Gefühl in den Händen.

 

Kurz vor einem Schneefeld folgt die erste Schlüsselstelle: ein steiler Kamin (II). Eine 4er Gruppe klettert gerade durch.

 

Der schöne Kamin von oben.

 

Blick nach Norden über das Grosté-Plateau Richtung Nonstal. Links der Nordteil der Brenta mit der Pietra Grande (2.936m), mittig das Val di S. Maria di Flavona, in welchem der Tovelsee liegt - steht schon am Programm für einen der nächsten Brenta-Besuche.

 

Breite Bänder vor der letzten größeren Felsstufe. 

 

Über diese hinauf (II-). 

 

Der Rest ist 10 Minuten wandern am Gipfelplateau zum ... 

 

... Kreuz auf der Cima Grosté (2.898m). Im Süden zeigt sich bereits der Campanile dei Camosci (2.929m), dahinter mein zweites Tagesziel, die Cima Falkner (2.988m), und ganz dahinter der Hängegletscher in der Nordwand der Cima Brenta (3.152m).

  

Seilbahn sei Dank, bis hierhin vom Grosté-Pass nur eine Stunde.

 

Nach Süden bricht die Cima Grosté in senkrechten Wänden ab. Die Schwachstelle ist eine steile, schmale Rinne in der Ostflanke. 

 

Die von unten betrachtet ziemlich heftig aussieht (der geschwungene Riss links der Bildmitte). Ausgesetzt ja, aber nicht mehr als II.

  

Schuttig hinab zum Klettersteig.

 

In der Scharte - Bocchetta Alta dei Camosci (2.859m), über dem Valle di Campiglio die Presanella.

 

Ein wunderschönes Band zieht leicht aufwärts durch die Ostflanke. Vom Nebel nichts zu sehen, super erwischt heute!

 

Das Band bleibt einfach (A), im Rückblick meine Abstiegsschotterreise von vorhin. 

 

Ich komme zum höchsten Punkt des Sent. Benini (2.910m), im Süden zeigt sich eindrucksvoll die Cima Brenta.  

 

Ich weiß, dass die Abzweigung zur Cima Falkner durch eine Felsinschrift markiert ist. Voilá!

 

Ich folge einer nicht allzu steilen Rinne. Entweder rechts im Schutt oder links im Genussklettermodus (I oder schwieriger, je nach Gusto).

 

Die Brenta, der Wahnsinn!

 

Gipfelaufbau, auch hier viele Möglichkeiten, am einfachsten rechterhand.

 

Cima Falkner (2.988m), benannt nach einem italienischen Alpinisten.

 

Für mich Genuss hoch 10.

 

Durch die Rinne wieder runter und eingefädelt in den nun immer stärker frequentierten Klettersteig. In der steilen Abstiegsflanke beginnt es sich zu stauen, teilweise klettere ich seitlich im IIer Gelände frei ab.

 

Ein nächstes Band noch, viel länger muss ich nicht am Klettersteig bleiben.

 

Rückblick auf Cima Falkner mit der südlichen Anstiegsrinne im oberen Drittel, darunter das Abstiegsgelände am Klettersteig.

 

Hier bin ich bereits an der Bocca Alta di Vallesinella. Einer geht noch, denk ich mir. Nach einem Blick in die Karte wähle ich die Cima Sella aus, weit kann es ja nicht sein, weil ich irrtümlich glaube es handelt sich um den schroffen Felshaufen gleich links.

 

Im Ier Gelände ist man gleich oben.

 

Ein Gipfelsteinmann markiert den höchsten Punkt, von dem man einen beeindruckenden Tiefblick in das Valle delle Seghe und zum Molveno-See hat. Von dort bin ich ein Jahr zuvor auf die Cima Tosa aufgebrochen. Leider zeigt mir keine Karte, wie der Gipfel heißt auf dem ich gerade stehe, denn ... 

 

... die Cima Sella ist eindeutig der Gipfel gegenüber.

 

Eindrückliche Steilfluchten wohin man auch schaut. 

 

Runter vom "namenlosen" Gipfel in eine Scharte.

  

Hinein in anspruchsvolleres Terrain.

 

Der Weg des geringsten Widerstands ist II, ich bin sporadisch ins IIIer Gelände abgedriftet. Sehr schöne Kletterstellen wechseln sich mit nur wenig Gehgelände ab.

 

Cima Sella (2.916m), vorne links mein "Namenloser" von vorhin.

 

Im Norden nochmals die Cima Falkner.

 

Am Gipfel hockt überraschenderweise ein italienischer Kollege. Beide sind wir froh über das entspannte Klettern abseits der Klettersteig-Autobahn.

 

700 Höhenmeter tiefer das Rif. Tuckett, wo Elli wartet. Tisch dürfte zur Mittagszeit gerade keiner frei sein.

 

Nach 3h Tourenzeit ab dem Grosté-Pass mache ich mich an den letzten Abstieg.

 

Zurück am Bocchette-Weg mit Firnfeldquerung. Nach der Schneeeinlage könnte man links über viele Leitern in die Bocca del Tuckett absteigen (wo ich auch bei meinem Abstieg von der Cima Brenta gelandet bin), ... 

 

... ich halte mich aber rechts. Weg Nr. 315 (Dallagiacoma) leitet auf kürzestem Weg zur Hütte abwärts.

 

Der Hängegletscher an der Cima Brenta.

 

Teilweise versichert hinab zum Rifugio. 

 

Schon von weitem hört man die lustigen Italiener an der Hütte. Mit Kind und Kegel sind sie Mitte August in den Bergen unterwegs, dies trifft besonders für den Verbindungsweg zwischen Grostè und Rif. Tuckett zu.

 

Mangels Tisch hat es sich Elli abseits gemütlich gemacht. 

 

Rif. Tuckett.

 

Doch noch ein Sitzplatz. Eine Brenta-Tour mit Begleitung, da konnte ich selbst das Forst verschmerzen.

 

Ziemlich beeindruckend hängen die Seilschaften in den Wänden des Castelletto Inferiori drin.

 

Wir beschließen, das Mittagessen zu einem Nachmittagssnack in Madonna di Campiglio umzufunktionieren und schlendern am breiten Steig zurück zum Grosté-Pass.

 

Bedrohlich wirkend, aber wunderschön, der Torrione de Vallesinella. 

 

Mit schönen Blicken Richtung Ortler-Berge sind die diversen Gegenanstiege ganz gut zu verkraften.

 

Immer lächeln in der Brenta, auch wenns bergauf geht.

  

Der Weg zieht sich, nach 1:30h und geschätzt 200 überholten Wanderern sind wir wieder zurück bei der Bergstation.

  

Im Nordwesten lacht noch einmal der Cevedale (3.769m) mit seiner vergletscherten Südseite herüber, rechts die Zufallspitzen (3.757m) mit ihrem von der Fürkelescharte heraufziehenden langen Ostgrat, den ich bald einmal von Peio aus anvisieren möchte. Zwei Tage später habe ich das Massiv ausgiebig von Norden studieren dürfen

 

Wir beenden die Tour ganz entspannt mit der Bahn und lassen den Tag bei Cappuccino, Kuchen und Bummeln in Madonna di Campiglio ausklingen. So übel ist früh aufstehen ja doch nicht, oder?

 


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Kommentare: 3
  • #1

    Öi (Montag, 09 September 2019 22:41)

    Sehr schön! Und eine so zauberhafte Begleitung macht sogar 5 Stunden erträglich.... auch beim Warten ;)

  • #2

    relinger (Dienstag, 15 September 2020 17:45)

    Klasse Beschreibung mit sehr instruktiven Bildern, danke sehr!! Grade in Anbetracht dessen, dass der AV-Führer hier schon seit über 30 Jahren nicht mehr neu aufgelegt wird, freue ich mich, hier ein paar aktuelle Hinweise zu finden... Z.B. zur Überschreitung der Cima Groste -- offenbar ist ja der Ost-Abstieg dank der Abseilstelle mit Seilresten einigermaßen gut zu finden?
    Zum "Namenlosen": Könnte das der Campanile di Vallesinella oder der Rocca delle Val Perse gewesen sein?
    Etwas gewundert hat mich die Schwierigkeitsbewertung zur Cima Sella, wo der AVF gar keine Kletterschwierigkeiten angibt, und die ja offenbar auch öfter als Skitour gemacht wird... gibt es da evtl. noch einen leichteren Aufstieg von Norden?

  • #3

    Jürgen (Mittwoch, 16 September 2020 12:38)

    Freut uns sehr, dass auch vergleichsweise "exotische" Touren Anklang finden! Der "Namenlose" dürfte tatsächlich der Rocca delle Val Perse sein. Die Cima Sella mag im Winter bei schneegefüllten Rinnen einfacher sein, vielleicht war ich auch nicht auf der optimalen Route - ich hatte Stellen mit mind. II.
    Gruß