Waldviertler Kulturpfad (Nr. 665)

107,8 Kilometer, 1.840 Höhenmeter

Waldviertel / Niederösterreich

1. Juni 2020

Autor: Jürgen

Mit auf Tour: Josef (auf der zweiten Hälfte)

 

Beschreibung:

Der 'Waldviertler Kulturpfad' ist ein Rundwanderweg um die Bezirkshauptstadt Zwettl. Die offiziellen Längenangaben schwanken etwas (102 bzw. 106 km), als Wanderung sind bis zu 6 Tagestouren anzusetzen. Die Runde ist unter Einhaltung der Mountainbike Fair Play Regeln zum allergrößten Teil auch mit dem Bike fahrbar, wobei sich der Straßenanteil in Grenzen hält und landschaftlich traumhafte Gegenden auf naturbelassenen Pfaden durchfahren werden. Die Route führt von Zwettl (522m) nach Osten zu den Kamptalstauseen, über den Loschberg (800m) und das sanfte Gneishochland in das malerische Kamptal, von dort westwärts in die hügeligere Granit-Landschaft des oberen Waldviertels nach Rappottenstein sowie zum Hochberg (806m) und zuletzt in einer großzügigen Nordschleife über Schloß Rosenau und Schweiggers zurück nach Zwettl. 

 

Sehr gute Routeninfos mit interessanten Hintergründen findet man hier auf der für die Region Zwettl höchst empfehlenswerten Zwalk-Seite, den Track u.a. hier.

 

Schwierigkeitsgrad: leicht (max. S1, zu Fuß T1), aber als Tagestour konditionell anspruchsvoll

Abwechslungsreich mit asphaltierten Abschnitten, geschotterten Wald- und Feldwegen, Wiesenpfaden sowie immer wieder kleineren Trailabschnitten. Die Tragepassagen sind an einer Hand abzuzählen. 

 

Dauer: 9:15 Stunden

Distanz: 107,8 Kilometer (mit Extraschleife am Ottensteiner Stausee)

Höhenmeter: 1.840 Meter

 

Parkplatz:

Einstieg an beliebiger Stelle möglich.  

 

Einkehrmöglichkeiten:

Gastronomiebetriebe entlang der Strecke

 

Landschaft: ********* (9/10)

Kondition:     ******** (8/10)

Anspruch:                 *** (3/10)



Unterwegs am Waldviertler Kulturpfad: es begeistern Bauwerke und Landschaften gleichermaßen. Recht spontan entstand die Idee, die Runde um Zwettl mit dem Bike zu fahren, mein Dad entschied sich ebenso spontan mich auf der zweiten Hälfte zu begleiten.

 

Die Route in der Karte: von Zwettl ostwärts zu den Kampstauseen, entlang des Purzelkamps nach Süden, über das Gneishochland westwärts in die hügelige Gegend des Weinsberger Granits und in einem weiten Bogen von Nordwesten retour nach Zwettl. (Quelle: Bergfex).

 

Pfingstmontag, ein warmer Tag, ohne Hektik rolle ich um 7 Uhr morgens durch mein um diese Uhrzeit noch verschlafenes Heimatstädtchen.

  

Die Route führt mich zuerst nach Osten dem Kamp folgend nach Stift Zwettl. Herrlich sonnige Morgenstimmung, nachdem uns in den letzten Tagen ein großräumiges Tief über der Ukraine wettermässig immer wieder geärgert hat.

 

An der lauschigen Neumühle, die zum ...  

 

... Stift Zwettl gehört, dem fast 900 Jahre alten Zisterzienser-Kloster, am Rande des Truppenübungsplatzes Allentsteig gelegen. Dieser wiederum kämpft heute mehr mit dem Borkenkäfer (siehe Wälder im Hintergrund) als mit militärischen Feinden, am Ende dann doch das kleinere Übel.  

 

Rückblick auf das im Talkessel des Kamp liegende Zwettl, neue Wohnsiedlungen und das große Gewerbegebiet haben sich auf die Hochebene hinaus entwickelt. Im am Horizont sichtbaren Hügelland des westlichen Waldviertels werde ich später am Nachmittag mit meinen Arschbacken kämpfen.

 

Der Kulturpfad ist der auf der ganzen Runde sehr gut markierte Wanderweg Nr. 665. Anfangs ist die Route ident mit der Kamp-Thaya-March Radroute, mit 425 km eher kein Kandidat für eine Tagesrunde. 

 

Topmotiviert wie ich bin baue ich gleich eine Erweiterungsschleife hinunter zum Ottensteiner Stausee ein, ein paar Extrahöhenmeter inklusive. Dieser See ist der obere der drei Kamptalstauseen und mit seinen fjordartigen Seearmen ein tolles Naherholungsgebiet.

 

Das Örtchen Friedersbach. 

 

Der mystisch dampfende Friedersbach mündet in einen weiteren Seitenarm des Stausees. 

 

Ein kleiner Pfad leitet hinaus aus der Bucht, erste kleine Tragestrecke.  

 

Die Stauseebrücke mit der B38 bringt mich auf die andere Seeseite, mit dem fotogenen Blick hinüber zur Ruine Lichtenfels.

 

Km 21: Am Morgen kann man ohne Stress am Wanderweg entlang des Sees biken.

 

Beim Touristenzentrum nahe der Staumauer enden die See-Eindrücke und ich muss hinunter zum tiefsten Punkt der Runde (490m) und sogleich steil hinauf nach Peygarten. Auch hier muss der Normal-Radler wohl schieben. 

 

Trotz dieser Einlagen macht man am östlichen Rand der Runde noch relativ wenige Höhenmeter. Beim Blick nach Westen wie hier von Rastenfeld rücken allerdings die ersten höheren Erhebungen ins Blickfeld. 

 

Km 27, 1:50h bis hierher. Eigentlich dachte ich, die gesamte Runde mit einem Schnitt von rd. 15 km/h zu fahren. Da die ruppigeren Abschnitte erst kommen, hat sich das gleich einmal als Plan erledigt (es wurden abzgl Pausen 13,2 km/h). Dafür ist nun Zeit, sich über den Ursprung des "Schafweidestreits" Gedanken zu machen.

 

Von Rastenfeld abwärts in das Tal des Purzelkamp, der fast 100m tief eingeschnitten durch die Landschaft mäandert. Dieser ist neben dem Großen und Kleinen Kamp der dritte der Kampflüsse. Der Regen der vergangenen Tage sorgt für ein 'lettiges' Fahrvergnügen, der immer leicht erhöhte Kraftaufwand summiert sich über die Stunden.

 

Burg Rastenberg, wie immer im Waldviertel wechseln die Eindrücke im Minutentakt.

 

Gleich danach die schön anzusehende Hofmühle.

 

Für mich sind solche Kilometer ähnlich wie das Bergsteigen im Karwendel, man hat einfach das Gefühl gerade 'das Richtige' zu tun. Bisher hier stand die Tour im Zeichen des Wassers. Ich verlasse das Tal bei einer weiteren Mühle (546m), um ...

  

... von Brand die erste längere Auffahrt des Tages in Augenschein zu nehmen. Es wartet der Loschberg, ein etwa 1km breiter und 800m hoher Bergrücken. Dieser wurde früher als "Kreidefeuerberg" genutzt, von dessen Gipfel man Rauch- oder Feuerzeichen als Signal ausgab. In modernen Zeiten kam die Gegend in die Medien, als hier die 'Saliera' gefunden wurde, vom FBI damals sogar als einer der wertvollsten gestohlenen Kunstgegenstände gereiht. 

 

Vom FBI und der modernen Stresswelt ist hier zum Glück aber nichts zu sehen. Auffahrt durch die Streusiedlung von Wiesenreith.

 

Es sind keine alpinen Höhenunterschiede, nach 250 Höhenmetern komme ich oben am Plateau des Loschbergs an. Richtung Osten der Blick ins vergleichsweise flache Gneishochland im Bezirk Krems-Land mit seinen wunderschönen Flusstälern.

 

Der schönere Teil des Gipfels mit der historischen "Lozburg". 

 

Km 38, 3:10h, der Temposchnitt ging erwartungsgemäß weiter nach unten, dafür liegt mir nun die vorhin durchquerte Region der Kampseen zu Füßen.

 

Wenige Minuten weiter westlich am höchsten Punkt (800m) der weithin sichtbare Sender. 

 

Blick nach Westen in die Gegend des Weinsberger Granits. Durch das härtere Gestein sind die Landschaftsformen ausgeprägter. Beim Downhill vom Loschberg hätt's mich fast über eine versteckte Wurzel geschmissen.

 

Es folgen ein paar unspektakuläre Kilometer. Hier der kleine Güterbahnhof von Waldhausen.

 

Km 46, ich passiere den Auberg (811m). Die Aubergwarte mit dem sehenswerten Rundblick lasse ich diesmal links liegen (siehe hier), es sind auch viele Wochenend-Spaziergänger am Kräuterwanderweg bei Sprögnitz unterwegs.

 

Ich setze nach ein paar Straßenkilometern in das Granitland über, der noch schönere Teil beginnt bei Großweißenbach. Eine vollbepackte Wanderin am Straßenrand begeht ebenfalls den 665er.

  

Ich tauche ein in die lichten Nadelwälder an den Abhängen des Gr. Kamp. Eines der schönsten Laufreviere für mich überhaupt.

 

Märchenhafter geht nicht.

 

Kurze Klettersteigeinlage hinauf zum ...

 

... Hohen Stein (610m). 

 

Rascher Downhill hinunter zum Kamp und auf der malerischen Bikestrecke flussaufwärts. Das obere Kamptal samt zugehörigem Landstrich ist für mich persönlich der schönste Teil des gesamten Waldviertels.

  

Wohnen im Grünen.  

 

Die Roiten-Strecke ist biketechnisch etwas anspruchsvoller.

 

Ein kurzes Stück begleite ich hier den Kl. Kamp, der bei Ritterkamp in den Gr. Kamp mündet. Kamp-Verwirrung? Einfach selbst herkommen und diese wunderschöne Landschaft genießen. Unterhalb der Burg Rappottenstein war ich mir über den exakten Verlauf des 665ers nicht im Klaren, hier wird der Weg auch als Kultur"lehr"pfad bezeichnet. 

 

Griasde.

 

Km 63, 5:10h nach Aufbruch - schön langsam Zeit für die Mittagspause. Allerdings nicht auf diesem kaiserlichen Bankl ... 

 

... sondern Treffpunkt zur Mittagsjause mit meinem Vater in Rappottenstein. 

 

Ein Wurstbrot, 2 Bananen und 1 Schokoriegel später sind wir nun gemeinsam am Weiterweg und sogleich wieder inmitten schönster Frühlingsnatur.

 

Die Brückenbaumeister wenden in der Region dieselbe Bautechnik an. Hier zum letzten Mal über den Gr. Kamp. Wir verlassen das Kamptal und nehmen den fordernden Uphill hinauf nach Annatsberg, ganz durchfahren konnte ich ihn leider nicht.

 

150 Höhenmeter höher (schön langsam hängt es sich rein, das altbekannte Waldviertler Auf und Ab) sind wir wieder am Plateau und statten Orten wie Hörweix einen Kurzbesuch ab. 

 

Es naht der Hochberg, mit 806m der höchst erradelte (ok, am letzten Stück erschobene) Punkt der Runde bei Km 69.

 

Hier wird der üppige Platz auch noch sehr effizient genutzt.

 

Natur pur.

 

Bei Etzen dieser Schnappschuss. In Bildmitte ganz im Hintergrund der fast 20 km Luftlinie entfernte Loschberg von vor 3 Stunden, rechts der Auberg.

 

Es folgt der, wie richtig bei Zwalk festgestellt, sehr reizvolle Abschnitt bei Oberneustift mit vielen Einzelgehöften. Am Horizont Richtung Tschechien wird die Landschaft wieder flacher und man erkennt sogar Schweiggers, wo die Runde später den nördlichsten Punkt erreicht.

 

Howdy.

 

Im weitläufigen Waldgebiet nahe Rosenau scheint es so, als wenn bewusst mit Markierungen gegeizt wird. 

 

Im wahrsten Sinne des Wortes auf weiter Flur.

 

Möglichkeit für Kultur gibt es genug, wie hier beim Schloß Rosenau (km 77), üblicherweise Ende der 4. Tagestour.

 

Trail im Finstergraben.

 

Niederneustift --> Unterrosenauerwald --> Dorf Rosenau.

 

Dieses moderne Brückenexamplar bringt uns trockenen Fußes über die Zwettl (den Fluss).

 

Wir überschreiten wieder die Granitgrenze und gleiten zurück in die flacheren Landschaftsformen der Paragneise. 

 

Wem die Stunde schlägt... uns noch nicht ganz in Rieggers. Km 84, 7:30h.

 

Unverhofft ein zweites Gipfelkreuz am Steinberg (635m). 

 

Laune prächtig. 

 

Um kurz danach in zurückhaltendes Fluchen umzuschwenken. Wir verlieren fast den teilweise zugewachsenen Weg, die Luft dampft und mehrmals steigen wir in Pfützen. 

 

Doch auch das legt sich, wir passieren den nordwestlichen Eckpunkt des Kulturpfads und befinden uns hier auf der Europäischen Hauptwasserscheide. Links fließt das Wasser zum Kamp und weiter zur Donau und Richtung Schwarzes Meer bzw. Mittelmeer, rechts zur Lainsitz, Moldau und Elbe und weiter in die Nordsee bzw. den Atlantik.

 

Nahe der Quelle der Thaya, die über die March wiederum in die Donau entwässert.

 

Schweiggers schon ganz nah bei km 91. Etwas Asphalt tut gut nach den ruppigen letzten Kilometern.

 

Ganz gibt sich der 665er noch nicht geschlagen. Es zieht mich hinunter in den Rieggersgraben (etwas Tragen schadet nie) und weiter nach Oberstrahlbach.

 

Kilometer 100 bei den Windkrafträdern. 

 

Ab hier ist es ein entspanntes Rollen nach diesem langen, abwechslungsreichen Tag.

 

Der neue Umfahrungsring rund um Zwettl nötigt uns noch einen letzten kleinen Trail ab, zuletzt belohnt uns die Abfahrt durch das ausgesprochen malerische Tal des Gradnitzbachs.

 

Km 106 - zurück in Zwettl, die letzten 2 Kilometer hänge ich mich an Vaters Hinterrad und nach 9:15h inkl. Pausen endet der lange Waldviertler Kulturpfad und eine landschaftlich herausragende Runde. Ich hatte insgesamt mit mehr bequemem Rollanteil gerechnet, daher ist es statt der geplanten 7:30h doch etwas mehr geworden.

 

Für Sportliche kann ich die Tagestour in dieser Form uneingeschränkt weiterempfehlen, von den unzähligen Eindrücken zehrt man lange. Auch die Gemütlichen kommen auf ihre Kosten, oder man kombiniert am besten beides :)


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Kommentare: 3
  • #1

    zt-biker (Montag, 08 Juni 2020 22:43)

    Ist schon gewaltig, das an einem Tag zu absolvieren. Zumal an diesem Tag ziemlich tiefer Boden herrschte. In meinem Alter teilt man das auf zwei Tage auf. Toller Kommentar....Ja, das Waldviertel ist einzigartig.

  • #2

    Robert (Dienstag, 09 Juni 2020 06:55)

    Respekt. Tolle Tour, wunderschöne Aufnahmen.

  • #3

    ZWalk (Dienstag, 09 Juni 2020 18:24)

    Eine tolle Bereicherung für unseren Wanderblog. Herzlichen Dank.
    Liebe Grüße aus Zwettl.
    https://www.zwalk.at/der-waldviertler-kulturpfad-665-dieses-mal-per-mountainbike/