Skitour Monte Cevedale

Ortleralpen

3769 Meter

13. Juni 2021

Autor: Jürgen

Mit auf Tour: Holger

 

Beschreibung:

Große Abschlusstour der Skitourensaison 2020/21 in den Ortleralpen: wir fahren am Vortag in das hintere Martelltal und wärmen uns mit einer Spritztour auf das Pederköpfl (2.586m) auf. Nach einer kurzen Nacht im Schlafsack starten wir um 4:00 Uhr bei der Enzianhütte (2.055m) und steigen via Zufallhütte (2.265m) in Richtung Zufallferner auf. Ab ca. 2.400m mit Ski über eine Steilstufe zur Martellerhütte (2.610m) und am sanft geneigten Zufallferner zur Cima Tre Cannoni / Eiskofel (3.275m). Aufgrund des einfallenden Nebels sind wir spontan zur Casati-Hütte am Langenfernerjoch hinüber und haben auf besseres Wetter gewartet. Nach der Pause von Norden her über den oberen Langenferner zum Gipfelaufbau und ab 3.600m durch die aufsteilende Nordflanke zum Gipfel des Cevedale (3.769m). Abfahrt am Aufstiegsweg retour zum Ausgangspunkt. 

 

Schwierigkeitsgrad: ziemlich schwierig (ZS). Skitechnisch ist der Cevedale bei guten Verhältnissen relativ einfach, lediglich der steile Gipfelhang (>35°) und die gegebenenfalls vorhandene Randkluft sind zu erwähnen. Am Langen- und Zufallferner die spaltigen Zerrzonen in sicherem Abstand umfahren. 

 

Schnee- und lawinenkundliche Erfahrung nötig. Für aktuelle Verhältnisse die Informationen des Lawinenwarndiensts beachten. 

 

Dauer: 8:00 Stunden (plus bei uns rund 1h Wartezeit an der Casati-Hütte)

Höhenmeter: 1.820 Meter

 

Parkplatz:

Martelltal / Enzianhütte

 

Einkehrmöglichkeiten:

Enzian-, Zufall- oder Martellerhütte

 

Landschaft: ********* (9/10)

Kondition:       ******* (7/10 - je nach Schneelage)

Anspruch:         ****** (6/10)



Monte Cevedale, 3.769m. Von (fast) allen Seiten schon bewundert, jetzt endlich und zum ersten Mal oben. Die Tour aus dem Martelltal verläuft zum allergrößten Teil in Südtirol, erst auf den letzten Metern zum Gipfel bewegt man sich auf der Grenze zwischen Trentino und Lombardei.

  

Samstag Nachmittag, wir fahren über den Reschenpass und genießen das wundervolle Panorama der Ortleralpen mit dem Ortler (rechts), Königsspitze (Mitte) sowie unserem Ziel für den morgigen Tag, den Monte Cevedale (halblinks im Hintergrund).

 

Um 19 Uhr sind wir im hinteren Martelltal auf 2.050m. Bald ist ein geeignter Schlafplatz gefunden und ich entschließe mich noch mit den Laufschuhen auf das Pederköpfl zu düsen. Wenige Meter auf selber Strecke wie bei meiner Tour zu Schild- und Plattenspitze, dann rechts auf Weg Nr. 39 zur Peder-Stieralm und weiter zum kleinen Gipfelziel mit großem Ausblick.

 

Pederköpfl (2.586m), um 20:30 Uhr am Gipfel, die 540 Höhenmeter lohnen sich. Im Hintergrund links die Veneziaspitzen und rechts die Zufallspitzen vor dem verdeckten Cevedale.

 

Viel Schlaf werden wir nicht bekommen. Die nächtliche Kaltfront fällt schwach aus, deren Wolkenreste werden sich aber am nächsten Tag unerwartet lang halten.

 

Tagwache.

 

Nachtlager abgebaut, kleines Frühstück und los geht's.

 

 Die erste halbe Stunde bis zur Zufallhütte (2.236m) hatschen wir durch die Dunkelheit. Langsam setzt sich der Tag durch und bei uns die Erkenntnis, dass wir von einer klaren Nacht bestenfalls geträumt haben.

 

Wir nehmen den Winterweg zur Martellerhütte und können, wie vom Pederköpfl gut zu sehen war, auf ca. 2.400m anschnallen.

 

5:30 Uhr - zäh halten sich die Wolken, gelegentlich tröpfelt es leicht. 

 

Weiter mit Ski. Theoretisch könnte man auch durch das Langertal zum Eisseepass bzw. direkt zum Langenferner ansteigen, wir nehmen allerdings den Zufallferner eine Etage höher.

 

Am Winterweg zur Martellerhütte mächtige offene Rinnsale, die stellenweise auf nur mehr kleinen Schneebrücken überquert werden. 

 

Auf Höhe der Martellerhütte offenbart sich uns der Weiterweg in Richtung Zufallferner. 

 

Da, ein erster Sonnenstrahl! Halbrechts die Martellerhütte (2.610m).

 

Linkerhand die Fürkelescharte (3.032m), Übergang zum Rif. Larcher bzw. ins Val di Pejo. Ursprünglich hatten wir nach dem Cevedale die Abfahrtsvariante mit Überschreitung der  (Südlichen/Hinteren) Zufallspitze und Abfahrt über den Fürkeleferner im Auge, mussten wir aufgrund der Wartezeiten dann aber verwerfen. 

  

Blauer Himmel - wird das noch was?

 

Unterwegs am Zufallferner. Ab 2.900m zumindest leicht durchgefroren, eine starke Stunde marschieren wir auf dem nur wenig geneigten Gletscher dahin. Im Hintergrund die Veneziaspitzen sowie die Hintere Rotspitze in Wolken, links die Hintere Eggenspitze.

 

 Verheißungsvoll öffnen sich blaue Lücken, um sich alsbald im straffen Nordwestwind wieder zu schließen.

 

Kurz vor den Tre Cannoni, sogar mit kurzer Sonnenbrillen-Verwendung.

 

Ankunft bei einer der Tre Cannoni. Vier Monate hat der Transport dieser Ungetüme im Winter 1917/18 mit Schlitten über den Zufallferner auf fast 3.300m Höhe gedauert. 

 

Wenige Meter weiter der Eiskofel (3.275m). Etwas genervt sind wir schon, weil der Wetterbericht gar so auslässt. Nichts zu sehen von Königsspitze, Zebru und Ortler. 

 

Tiefblick ins Martelltal. Mittlerweile ist es 8 Uhr. Laut Vortages-Wetteranimation sollte es jetzt eigentlich strahlend sonnig sein. Wir kontrollieren in kurzen Abständen das Satellitenbild, müssen uns aber noch gedulden.

 

Was tun? Für ein Open-Air-Frühstück ist es zu kalt und windig, also noch nicht weiter Richtung Gipfel sondern hinüber zur Casati-Hütte. Wir machen es uns im Winterraum gemütlich.

 

Mannerschnitten, Blicke aufs Mobiltelefon und Angst vor den Schweizer Roaming-Gebühren. Nach 9 Uhr deuten sich von Südwesten her Auflockerungen an, die Wolkendecke beginnt sich zu heben.

 

Der Cevedale ist zwar noch nicht zu sehen, wir brechen aber wieder auf. Eine frische Spur weist uns den Weg über den oberen Langenferner.

 

Ziemlich genau 500 Höhenmeter sind es von der Casati-Hütte zum Gipfel. Richtung Westen wird der Confinale-Kamm sichtbar, um alsbald wieder in dichten Wolken zu verschwinden. Die Atmosphäre ist in Bewegung.

 

Nördliche (Vordere) Zufallspitze, auch Cevedale I, 3.700m.

 

 Bald auf 3.600m, kurz vor der steilen Gipfelflanke. 

 

Großer Vorteil heute: quasi nichts los. Eine Zweier- und eine Vierergruppe wagen den Anstieg von Norden, von Süden kommt eine Dreier-Gruppe - das war's.

 

Freie Sicht wechselt mit dichtem Nebel. Die Randkluft überschreiten wir ohne Schwierigkeiten und gehen mit Ski durch zum Gipfelgrat. Die letzten 50 Höhenmeter pfeift uns der Wind ziemlich um die Ohren.

 

Danke, liebes Wetter, ist uns jetzt aber auch egal - ein echtes Highlight zum Abschluß unseres Tourenwinters!

 

Kleine Blicke in die sonnige Ferne sind uns vergönnt, wie hier in Richtung Süden über den Vedretta de la Mare ins Val di Pejo und hinüber zum Palon de la Mare bzw. Monte Vioz.

 

Nebliger Fornokessel, die Punta San Matteo (3.678m) schaffts aber auch auf meine lange Gipfel-To-Do-Liste.

 

Windgeschützte Pause neben der alten Biwakhütte. Eine gute halbe Stunde lassen wir die Wolken wabern und entscheiden uns aufgrund der weiterhin bescheidenen Sicht und der fortgeschrittenen Uhrzeit gegen die Überschreitung der Südlichen Zufallspitze. 

 

Über den Steilhang runter, bald sind wir wieder aus den Wolken heraus. Blick in die Bernina-Alpen mit Pizzo Scalino (3.323m) und Monte Disgrazia (3.678m).

 

Die lange Abfahrt entschädigt uns für die entfallenen Ausblicke.

 

Zufallspitzen, wir kommen wieder. Vielleicht auch im Sommer mit der Kraxelei über den Fürkelegrat.

 

Gigantische Dimensionen.

 

Vom Langen- biegen wir bald nach rechts ab auf den Zufallferner. Hier schon unterhalb der Cima Tre Cannoni.

 

Das Panorama reicht über die Veneziaspitzen und den Zufrittkamm bis in die Ötztaler Alpen.

 

In den Flachstücken gutes Armtraining. Durch das Martelltal sehen wir hinaus in die Texelgruppe sowie in die hohen Ötztaler mit Similaun und Hochwilde.

 

OK, jetzt kann der Sommer kommen.

 

Der Winter rinnt dahin.

 

Mehr als versöhnt schwingen wir unterhalb der Martellerhütte ab. Im hinteren Langertal zeigen sich nochmals Eiskofel, Sulden- und Butzenspitze.

 

Auch der schönste Tourenwinter findet sein Ende, dazu gehört im Frühjahr auch das Skitragen. Die 350 Höhenmeter sind aber zu verschmerzen.

 

Vor allem bei dem nun grandiosen Wetter.

 

Letzter Blick auf Zufallspitzen und Eiskofel halbrechts. 

 

Abstieg vorbei an der Zufallhütte. Eine halbe Stunde später sind wir zur späten Mittagszeit zurück am Parkplatz. Das wetterbedingte Ausweichen nach Süden ist uns zwar nicht wie geplant  gelungen (zumindest nicht für die frühen Morgenstunden), schlussendlich hat es aber doch mit dem Gipfel und Schönwetter geklappt und wir sind definitiv wieder um eine tolle Erfahrung reicher. Die Ski bleiben aber nun bis vermutlich November oder Dezember im Keller.

 


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