Absamer Klettersteig

2079 Meter (Bettelwurfhütte)

Karwendel

1. November 2017

Autor: Jürgen

 

Beschreibung:

Von Fritzens (590m) mit MTB über das Baumkirchner Tal in das Halltal, Raddepot bei der zweiten Ladhütte (1.080m). Kurze Wanderung zum Einstieg auf 1.170m. Der 2011 errichtete Klettersteig (Detailinfos und Topo hier) führt über 600 Höhenmeter durch die Südflanke unterhalb der Bettelwurfhütte. Im unteren Teil ohne viel Höhengewinn und mit zwei Schluchtquerungen durch die Wand, dann an der Kante schräg hinauf zum Köpfl und durch die Schlußwand zum Ausstieg (1.770m). Weiterer Aufstieg auf Steig zur Hütte (2.079m). Abstieg wenige Minuten am selben Weg retour und unmarkiert zum alten Wirtesteig, zuerst über eine steile Schlucht, dann im ausgewaschenen Bachbett. Wer will, kann sich auf ca. 1.650m in das Dickicht auf die Suche nach noch älteren Steigen begeben (Vorlage ist der Tourenbericht von Rainer). Ansonsten abwärts und bei der Sonnenbrücke auf die Halltalstraße, zum Raddepot und retour.

 

Schwierigkeitsgrad: schwierig (Klettersteig C, Abstieg T5/I)

Klettersteig mit einer Länge von 1.300m und 600 Höhenmeter nur für Konditionsstarke. Bei permanenter Selbstsicherung sind über 1.000 Klicks (Umhängen) erforderlich. Schlüsselstelle gleich am Beginn mit einer ca. 20m hohen Plattenwand. Im weiteren Verlauf mehrere Stellen C, sonst großteils A/B. Abstieg über Wirtesteig nicht schwierig, aber nur bei guter Ortskenntnis ratsam. Im unteren Bereich Unmengen an rauflustigen Latschen.

 

Dauer: 7 Stunden

Höhenmeter: 1.730 Meter

 

Parkplatz:

für mich nicht nötig; für Halltalbesucher große Parkplätze in und nahe Absam

 

Einkehrmöglichkeiten:

Bettelwurfhütte (Anfang November geschlossen)

 

Landschaft:  ********* (9/10)

Kondition:       ******* (7/10)

Anspruch:      ******** (8/10)



Allerheiligen hoch über dem Inntal an der Bettelwurfhütte. Die Hütte bereits im Winterschlaf, noch sind die Routen zur Hütte großteils schneefrei begehbar. Die große Ausnahme bildet leider der Normalweg Nr. 222, welcher aufgrund von akuter Felssturzgefahr gesperrt ist und wohl auf unabsehbare Zeit nicht mehr gewartet wird.

 

Ich fahre am späten Vormittag mit dem MTB von Fritzens am Waldweg nach Baumkirchen.  

 

Das Inntal bei Baumkirchen. Verzogenes, aber trockenes Wetter, etwas Sonne war für den späteren Nachmittag angekündigt. Da ist ein südseitiger, für den Sommer oft zu heißer Klettersteig genau das Richtige.

 

Über das Baumkirchner Tal hinauf und weiter hinein in das Halltal. Im Talinneren sieht man bereits die oberen "Platten": unübersehbare Kahlflächen als Folge großer Waldbrände in den Jahren 1909 und 1945.

 

Im unteren Halltal kurz vor dem steilen Bettelwurfeck. Der Klettersteig zieht durch die im Hintergrund sichtbare Felswand links hinauf zu den Platten. Achtung: der nach rechts abgehende Normalweg zur Bettelwurfhütte ist seit geraumer Zeit gesperrt (ebenso der nach links nach St. Magdalena führende "Fluchtsteig").

 

Raddepot bei der 2. Ladhütte (1.080m). Der Wegweiser meint 4,5h bis zur Hütte. Ich werde rund 2,5h brauchen. Achtung: Der Klettersteig ist am 1. November für den letzten Tag im Jahr "geöffnet".

 

Einige Minuten benötigt der Zustieg zum Klettersteig.

 

Materialwechsel auf 1.170m und los geht's.

 

Nach kurzer Zeit folgt die Schlüsselstelle: eine ca. 15m hohe vertikale Plattenwand, Schwierigkeitsgrad C. Ich muss gestehen: gehe zwar leidenschaftlich gerne ausgesetzte Grate, das luftige Hängen am Drahtseil ist aber nicht so meine Sache. Mit etwas Überwindung geht's.

 

Rückblick auf die Steilwand.

 

Kurz danach über die erste Schlucht und einen Klemmblock. 

 

Das war der erste knackige Teil. Es folgt nun eine längere Querung (A-B).

 

Schöne Blicke in das hintere Halltal. Gute Verhältnisse zum Klettersteig-Gehen.

 

Die Querung setzt sich fort, hier ausgesetzt auf schmalem Band.

 

Es bleibt recht steil. Eine weitere C-Stelle kurz vor der zweiten Schlucht.

 

Nun hat man die Wahl: entweder man quert die Schlucht am Fels (A/B), oder nimmt sie Seilbrücke oberhalb (B). 

 

Ich teste die Seilbrücke: eine sehr luftige, wackelige Angelegenheit. 

 

Weiter hinauf (hier C, sonst B).

 

Gegenüber die Alpensöhnehütte.

 

Der fotogene Doppelklemmblock - Ausstieg aus der unteren Wand und somit Ende des ersten Teilstücks.

 

Oberhalb wandelt sich der Charakter. Man steigt in einfacherem Gelände an der Kante auf (A-B).

 

Hier kann man zügig auf Reibung gehen. Bei Nässe aber kein Spaß.

 

Östlich der Alte Schlag mit dem Normalweg oben schwach erkennbar, rechts die Hüttenspitze.

 

Auf Höhe der Plattentürme, im Hintergrund der schon winterliche Südostgrat des Rosskopfs.

 

Zaghafte Wetterbesserung, die Sonne kam sporadisch schon durch.

 

Unterhalb des Köpfls. Es folgt die vorletzte C-Stelle, aber alles deutlich weniger ausgesetzt als der untere Teil.

 

Kurze Rast am Köpfl mit Blick auf den letzten Teil des Steigs. Oben bei den Latschen wartet der Ausstieg und dann sind's noch 300hm zur Hütte.

 

Rückblick in das Halltal.

 

Der letzte Teil ist recht gemütlich. An der letzten C-Stelle kann man ein paar Meter neben dem Drahtseil das Freiklettern üben (III).

 

Das Panorama öffnet sich langsam. Unten St. Magdalena, darüber Hochmahdkopf und die Zunterköpfe.

 

Das war's. Ausstieg auf 1.770m ziemlich genau 2h nach dem Einstieg.

 

Nun steil, aber ohne Probleme weiter am gut markierten Steig.

 

Oberhalb der Latschen erblicke ich mein Ziel, die Bettelwurfhütte.

 

Vor einem der Kleine Bettelwurf (2.650m). Hätte durchaus noch Lust gehabt zu verlängern, dafür war aber das Zeitbudget zu klein.

 

An der geschlossenen Bettelwurfhütte (2.079m), von Fritzens ca. 3:45h. Im Hintergrund der Anstieg zum Gr. Bettelwurf über den Eisengattergrat. 

 

Über den Lafatschern drückt noch ein Schauer herein. Mit wirklich schönem Wetter wird's heut nichts mehr, an der Hütte hatte es 3°C.

 

Im Süden - hinter dem Patscherkofel - eindeutig mehr Sonne.

 

Ich ließ mir vor diesem neugierigen Kerl meine Jause gut schmecken. Der Klettersteig ist als Halbtagestour von zuhause durchaus kräftezehrend.

 

Schöne Lichtstimmung über dem Sellraintal.

 

Der obere Teil des gesperrten Normalwegs.

 

Energietanks aufgefüllt - nun wartet der spannende zweite Teil der Tour.

 

Ich wende mich nach Westen und visiere den Abstieg durch den Graben über den alten Wirtesteig an - hier verdeckt zwischen dem Latschenrücken und den Platten.

 

Also ein paar Meter zurück und kurz den Weg Richtung Klettersteig zurück (diesen aber keinesfalls abwärts begehen!). Im Hintergrund die Speckkarspitze.

 

An dieser Stelle nicht links auf den Steig, sondern geradeaus in die Latschengasse.

 

Dies ist der alte "Wirtesteig", ein einsamer Pfad, der von Roman und Rainer schon am Weg zum Kleinen Bettelwurf begangen wurde. Zuerst ist eine Steilrinne von ca. 80m Höhe zu überwinden, ein paar windige Seile hängen herum. Abwärts war aufgrund der Feuchtigkeit und des Schnees große Vorsicht angesagt.

 

Langsam bricht die Wolkendecke.

 

Der untere Teil der Schlucht.

 

Schon fast am Graben angelangt, von der Hütte abwärts nur etwa 15 Minuten entfernt. Man erkennt, dass dies der absolut direkteste Abstieg in das Halltal ist.

 

Der obere Teil des Grabens schaut ebenso gangbar aus.

 

Im Bachbett eine gut sichtbare Markierung für Aufsteigende.

 

Von unten würde man eine direkte Durchstiegsmöglichkeit eher nicht vermuten.

 

Der Abstieg in nahezu direkter Linie auf St. Magdalena zu macht wirklich Spaß (max. I, Vorsicht auf glatt geschliffene, teils rutschige Stellen).

 

Hier erkennt man gut die Steilheit der Platten.

 

Immer weiter hinunter, im Bachbett keine Orientierungsprobleme. Statt geradeaus die Direttissima zu nehmen, orientiere ich mich hinüber in Richtung der Latschen.

 

Ich will ein paar alte Steige erkunden, die Rainer so gut in seinem Bericht beschrieben hat. Ich quere Richtung Platten hinaus.

 

Und finde dank moderner Navigation rasch die Latschengasse. 

 

Schnell hat es sich aber mit der Latschengasse und man findet sich in einem Labyrinth mit kampfbereitem Grünzeug wieder. Immer wieder enden Durchschlüpfe in einer Sackgasse. An einigen Stellen weisen sehr alte, verblichene rote Punkte den Weg.

 

Grob hält man auf den im Vordergrund sichtbaren bewachsenen Kopf zu. An diesem führt der "Plattensteig" vorbei, ein weiterer sehr schöner, wenig begangener Steig.

 

Wieviele Jahre es wohl her sein mag, als diese Markierung angebracht wurde?

 

So sieht's hier im besseren Fall aus. Sieht aus wie ein Steig, ist in diesem Fall auch einer. 

 

Sieht auch aus wie ein Steig, ist aber keiner.

 

Umringt von Millionen Latschen. Ich komme nur langsam nach unten voran. Nächstes Ziel ist das kleine Köpfl unten rechts neben dem Bachbett und der kleinen sichtbaren Steigspur. Von dort nach ganz unten wurde es dann in der einbrechenden Dunkelheit noch richtig mühsam (siehe unten).

 

Irgendwann tauchen deutliche gelbe Markierungen auf und der ungepflegte Pfad geht in einen ausgeschnittenen Steig über. Fehlen allerdings die Latschen, braucht's wieder Instinkt.

 

Die Direttissima durch das Bachbett ginge bedeutend schneller. Der Umweg hat mich zwar eine halbe Stunde gekostet, aber die Begehung der alten Steige hat sich gelohnt.

 

Es wurde nun rasch dunkler, beim Köpfl verpasse ich eine Abzweigung und schlage mich im Halbdunkel zuerst auf steilem Gras und morschem Geäst nach unten, um schlussendlich im Bergsteigerdilemma zu enden: da ich keinesfalls im Dunklen 100hm mühsam zurückwollte, musste ich ca. 150m Luftlinie direkt durch/unter/über die Latschen zum Steig.
LKK (=Latschenkampfklasse) 4 nach offizieller und sehr lesenswerter LKK-Definition ;)  

 

Es ist stockdunkel als ich etwas zerdeppert und nach Latschen duftend aus dem Dickicht herauskrieche und die Halltalstraße erreiche.  

 

Als Bergsteiger ist man ein paar Schrammen gewohnt, also null Problemo. Trotzdem bin ich nach dieser ausgiebigen Halltal-Tour froh über das Rad und rolle hinaus in das Inntal und zurück nach Fritzens.

 


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