Nagelwandspitze (Kleine Wechselspitze)

über Südostflanke

2104 Meter

Karwendel

18. November 2018

Autor: Jürgen

 

Beschreibung:

Vom Parkplatz (820m) mit MTB bis zur Abzweigung des alten Steigs (ca. 1.020m, Raddepot) und weiter zur Schaferhütte (1.250m). Hinüber bis vor die Alpensöhnehütte (1.345m) und über den Normalweg zur Hüttenspitze (1.858m) - Beschreibung des Anstiegs hier. Abstieg in die Wechselscharte und ostseitig weitere 40 Höhenmeter hinab (ca. 1.720m), dann linkerhand in die steile Schlucht. An deren rechter Begrenzung hinauf zu zwei Scharten und durch die steile Südostflanke zur Nagelwandspitze (2.104m). Abstieg auf dem Normalweg zur Wechselscharte und ostseitig durch die Fallbachschlucht - wie auch hier. Über die Schaferhütte retour zum Ausgangspunkt.

 

Schwierigkeitsgrad: sehr schwierig (T6-/II+)

Zur Hüttenspitze mittelschwierig (T4/I), Abstieg in die Wechselscharte II-. Route durch die Südostflanke mit nur minimalen Begehnungsspuren, keine Steinmänner - sehr gutes Orientierungsvermögen im Steilgelände wichtig (T6-/II+). Abstieg von der Nagelwandspitze durch die Rinne (II) und die Nagelwand (B/C, sehr ausgesetzt). Abenteuerliche Route durch die Fallbachschlucht, Wegkenntnis von Vorteil. 

 

Dauer: 5:30 Stunden

Höhenmeter: 1.380 Meter

 

Parkplatz:

Bogner Aste zwischen Absam und Gnadenwald. 

 

Einkehrmöglichkeiten:

Alpensöhnehütte

 

Landschaft:  ********* (9/10)

Kondition:          ****** (6/10)

Anspruch:     ********* (9/10)



Sonne pur auf der Nagelwandspitze (2.104m), auch Kleine Wechselspitze genannt- es ist mehr eine vorgeschobene Gratschulter als eigenständiger Gipfel. Um hierher zu kommen ist schon etwas Kletterei erforderlich.

 

Der Normalweg ist jener von der südlich gelegenen Wechselscharte, die meist über die Hüttenspitze angesteuert wird. Von dort geht es auch weiter zur Fallbachkarspitze bzw. zum Gr. Bettelwurf via Osteck.  Oder man befindet sich im Abstieg von der Hohen Fürleg über das Fallbachkar. Eine reizvolle Alternativroute ist der alte, im AVF beschriebene Weg über die Südostflanke - die steile latschendurchsetzte Flanke rechts unterhalb der Nagelwandspitze. 

 

Hochnebel über dem Inntal. Aufwärmen mit dem Bike, das mich über kaum 200 Höhenmeter zum Anfang des Steigs hinauf zur Schaferhütte bringt, eine Alternative zum Normalweg auf die Hüttenspitze. 

 

Immer wieder schön, aus dem Nebel in die Sonne zu treten.

 

Der Steig ist besonders im Herbst ein Genuss. 

 

Hier braucht es unbedingte Trockenheit, das Gelände ist extrem steil. 

 

Bei der Schaferhütte (1.250m).

 

In unmittelbarer Nähe der Hütte bricht der Fallbach durch. Aus dieser Schlucht werde ich ein paar Stunden später wieder herauspurzeln. Oben die Südseite der Hohen Fürleg (2.570m) - Kulminationspunkt der sehr lohnenswerten Überschreitung

 

Danach leitet der Steig sanft aufwärts nach Westen Richtung Halltal und Alpensöhnehütte. 

 

Wieder einmal ein traumhafter Nachmittag. Kurz vor der Alpensöhnehütte biege ich auf den Normalweg hinauf zur Hüttenspitze ein. 

 

Vorbei am Gedenkkreuz (1.560m) mit schönem Blick ins Halltal. Darüber durch die Merkelrinne (I) bzw. den Schrofenhang zum Westgrat der Hüttenspitze und ... 

 

... am guten Steig weiter zur Hüttenspitze (1.858m) mit dem schon traditionellen Blick zum Gr. Bettelwurf (2.726m, ganz links), Fallbachkarspitze (2.316m, hinter dem Kreuz) und mein heutiges Ziel, die Nagelwandspitze (2.104m) rechts des Gipfelkreuzes. Ganz rechts die Hohe Fürleg (2.570m). 

 

Halltal mit Zunterköpfen, Wildangerspitze, Stempeljochspitzen und Rosskopf sowie die Lafatscher - sicher eines der meistbegangenen Hikalife-Reviere.

 

Tiefblick zu Wechselscharte und Nagelwand, dahinter die von hier deftig wirkende Aufstiegsrinne zur Südostflanke der Nagelwandspitze.

 

Hinunter zur Wechselscharte (mittig). Direkt über der Scharte die Nagelwand, durch die der Normalweg hinauf zu den Wechselspitzen führt, heute versuche ich es aber über die rechts außen sichtbare Rinne und die Südostflanke.  

 

In der Wechselscharte (1.760m) - ein toller Platz in wilder Umgebung. Von hier könnte man in Nullkommanix westseitig über die riesige Wechselreise ins Halltal abschottern.

 

Wie der AVF empfiehlt steige ich aber ostseitig etwa 40 brüchige Höhenmeter ab. Oben in der Sonne die steile Nagelwand, wo ich später wieder runterkommen werde.

 

Hin zur markant eingeschnittenen Rinne.

 

Ganz dezente Steigspuren weisen auf eine Minimalzahl an Begehern dieser alten Route hin. Vor Jahren habe ich auf der Bettelwurfhütte mit einem älteren Kollegen über diesen Anstieg gesprochen, er meinte dass diese Route früher von Schafhirten begangen worden sein dürfte - keine Ahnung ob das stimmen kann. Von hier an jedenfalls kein Steinmann o.ä. bis hinauf zur Nagelwandspitze. 

 

Rückblick zur Hüttenspitze. 

 

Ein erster kleiner Aufschwung (II) und ich lande in der tiefen Schlucht. Die diversen Absätze schauen schwierig aus (mind. III). 

 

Daher nach wenigen Meter über eine schöne Rampe rauf.

 

Jetzt auf der östlichen Begrenzungsrippe. Teilweise meinte ich so etwas wie einen Steig zu erkennen, dann allerdings wieder dichte Latschen. In jedem Fall ist es steil. 

 

Direkt an der Kante eine knapp am IIIer kratzende Stelle, darüber ausgesetzt weiter. Könnte man weiter rechts wohl umgehen. 

  

Danach kann man einfach in die Rinne zurückwechseln. 

 

In dieser weiter. 

 

Damit ist der Durchstieg der markanten Rinne geschafft - ich bin wieder fast auf Höhe der Hüttenspitze. Hier aber noch nicht die Flucht nach oben antreten, man landet in schwerem Gelände.

 

Sondern hinter der Scharte durch Latschen leicht abwärts (I) und hinüber zu einer weiteren Scharte. Dahinter bricht es in die tiefe Schlucht des Fallbachs ab, es müsste also irgendwo links weitergehen.

 

Rückblick von der zweiten zur ersten Scharte. 

 

Und tatsächlich: hier ist ein Durchstieg nach oben in die Südostflanke möglich, wenn auch recht verwachsen.

 

Nach ein bisschen Latschenkampf in diese breite, brüchige Rinne hinein, die unterhalb meterhoch abbricht. Wäre im Abstieg nicht besonders angenehm.

 

Danach prägt sich, wie der AVF richtig beschreibt, ein Wechsel aus Latschen und Felsbändern aus. Das markante Köpfl oberhalb der Scharte ist namenlos.

 

Typisches Bild in der Südostflanke. Hier ist gutes Gespür wichtig, die optimale Route ist nicht offensichtlich, es gibt sicherlich mehrere Varianten. Am besten man hält sich immer leicht rechts des schon von weit unten erkennbaren Gipfelaufbaus der Nagelwandspitze.

 

Wenn möglich den Latschen etwas auf den Rippen ausweichen. 

 

Wow - Hohe Fürleg und der Abbruch aus dem einsamen Fallbachkar. 

 

Wechsel in eine Rinne, hier möglicherweise Steigspuren - lässt sich aber von Gamswechseln nicht eindeutig unterscheiden. 

 

In gutem Fels aufwärts (II-, meist leichter). 

 

Hält man sich, sobald sichtbar, in Richtung des Gipfelaufbaus der Fallbachkarspitze / Gr. Wechselspitze, macht man nichts falsch. Je weiter links, desto steiler das Gelände - lockerer IIer, aber durchgehend steil.

 

Rückblick auf die Südostflanke, die Latschen übernehmen aus dieser Perspektive das Kommando. Richtigerweise stellt der AVF fest, dass die Route im Abstieg schwer zu finden wäre.

 

Und auf einmal... Ausstieg wenige Meter neben dem Gipfelkreuz der Nagelwandspitze (2.104m). 

 

Sehr feine Route im Angesicht der Hohen Fürleg! Immer wieder ein besonderes Gefühl, alte, kaum begangene Routen zu absolvieren.

 

Mit etwas mehr als 1.300 Höhenmeter ist die Nagelwandspitze keine tagesfüllende Unternehmung, man befindet sich durch die Steilheit des Bergstocks in toller Aussichtslage über Hall und Innsbruck. 

 

Herrlicher Blick nach Hause.

  

Abstieg über den Normalweg. Kurz vor dem Rinneneinstieg der ehrfürchtige Blick in die Plattenwand hinauf zur Fallbachkarspitze, eine schwierige Variante (III? IV?). 

 

Abstiegsrinne, gewürzt mit IIer Stellen. Eine geradezu prototypische Genussrinne.

  

Der Klemmblock.

 

Rinne im Rückblick, rechts oben nochmals die Nagelwandspitze.

 

Langsam schließt sich die Runde, vorne nochmals die Hüttenspitze. Manchmal reibe ich mir selber die Augen, wie schön die Natur sein kann.

 

Durch den steilen Latschenhang abwärts, unten bereits die ostseitige Abstiegsschlucht. 

 

In der versicherten Nagelwand. Immer wieder beeindruckt mich, wie ausgesetzt diese Wand ist. Die Vorstellung einer Begehung ohne Versicherungen - die es ja noch nicht allzu lange gibt - ringt mir allerhöchsten Respekt ab, würde ich ohne Sicherung eher nicht wagen. 

 

Zurück in der Wechselscharte. Jetzt schnurstracks ostwärts runter zur Fallbachschlucht. 

 

Abenteuerlicher Abstieg. Viel Schotter, ein paar steilere Abschnitte, schwierige Stellen gibt es aber keine. 

 

Dann nicht neben dem Wasserfall runter (III), sondern etwas umgehen.

 

Wildes Karwendel - oben der runde Buckel ist die Nagelwandspitze von vorhin, 1000 fast senkrechte Höhenmeter darüber.

 

Brüchige Umgehungsrinne.

 

Und hinaus aus der Schlucht, vorne nochmals ein zu umgehender Wasserfall, dann trifft man auf den markierten Verbindungssteig zwischen Alpensöhnehütte und Hinterhornalm.  

 

Ich nehme wieder den steilen Steig bei der Schaferhütte. Am "Pensionistenbankl" schau ich mir noch den Sonnenuntergang an. Auch wenn es pathetisch klingt: solche Touren sind nicht nur für das eigene Tourenbuch (oder für diesen Blog), sondern fügen sich wie ein Mosaikstein in das Selbst.

 

Herbst über dem Inntal. Am Steig zurück zum Radl und hinausgerollt zum Parkplatz.

 

Auf der kurzen Heimfahrt das Fürleg- und Bettelwurf-Massiv im Abendlicht. "Bergsteigen hinter'm Haus", wie es Rainer so trefflich betitelt, und das in seiner schönsten Form. 

 


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